Erklärung der deutschen Bischöfe zum
kirchlichen Dienst
Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen
kirchlicher Arbeitsverhältnisse
22. September 1993 (zuletzt geändert
aufgrund des Beschlusses der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen
Deutschlands vom 20. Juni 2011)
Zwei Landesarbeitsgerichtsurteile
zur Geltung
Inhalt
Vorwort
Zehn Jahre nach der "Erklärung der deutschen Bischöfe zum
kirchlichen Dienst" vom 27. 6. 1983 (vgl. Die deutschen Bischöfe,
Nr. 35) hat die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 22.
September 1993 die Erklärung neugefaßt und eine "Grundordnung
des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse"
verabschiedet.
Ausgehend vom Leitbild der kirchlichen Dienstgemeinschaft finden sich
in der Erklärung grundlegende Aussagen zu Eigenart des kirchlichen
Dienstes, Anforderungen an Träger und Leitung kirchlicher Einrichtungen
und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu Loyalitätsobliegenheiten,
Folgen von Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten,
zur Koalitionsfreiheit und zum "Dritten Weg" nach KODA- und MAVO-Recht
sowie zum gerichtlichen Rechtsschutz.
Die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse"
stellt eine kirchenrechtliche Verlautbarung der Bischöfe dar, die
die "Erklärung der deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst"
normativ umsetzt und sich vorrangig an die kirchlichen Einrichtungen
und ihre Leitungen, aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
richtet. Die Grundordnung ist von den Diözesanbischöfen für
ihren Bereich als kirchliches Gesetz zum 1. Januar 1994 in Kraft gesetzt
worden.
Im Unterschied zur Erklärung aus dem Jahr 1983, die die Kirchlichkeit
einer katholischen Einrichtung mehr an der Loyalität der einzelnen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maß, nimmt die neue Erklärung
schon im Ansatz Träger und Leitung der Einrichtungen stärker
in die Pflicht, indem ihnen die Verantwortung für den katholischen
Charakter der Einrichtung auferlegt wird. Im Sinne einer Art "Unternehmensphilosophie"
ist der katholische Charakter der verschiedenen kirchlichen Einrichtungen
festzulegen. Bei der Einstellung haben Träger und Leitung dafür
Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die
Eigenart des kirchlichen Dienstes kennen und bejahen. Sie dürfen
die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie
tätig sind, nicht gefährden. Neben dieser fundamentalen Loyalität
regelt die Grundordnung darüber hinausgehende einzelne Loyalitätsverpflichtungen,
die unterschiedliches Ausmaß haben, je nachdem ob es sich um katholische,
nichtkatholische christliche oder nichtchristliche Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter handelt. Bei katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
im pastoralen, katechetischen und erzieherischen Dienst und bei Tätigkeit
aufgrund einer "Missio canonica" ist das persönliche Lebenszeugnis
im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre
erforderlich.
Bei Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten von Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern sieht die Grundordnung eine differenzierte Reaktion
des Dienstgebers vor. Eine Kündigung kommt als letzte Maßnahme
in Betracht, wenn ein klärendes Gespräch, eine Abmahnung,
ein formeller Verweis oder eine andere Maßnahme (z.B. Versetzung,
Änderungskündigung) nicht geeignet sind, dem Obliegenheitsverstoß
zu begegnen. Die Kündigung muss freilich arbeitsrechtlich
und im Lichte der religiösen Dimension gerechtfertigt sein. Die
Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung hängt von den Einzelfallumständen
und der Stellung der Mitarbeiterin und des Mitarbeiters in der kirchlichen
Einrichtung ab. Die Grundordnung führt beispielhaft auf, welche
Loyalitätsverstöße die Kirche als so schwerwiegend ansieht,
dass sie die Weiterbeschäftigung praktisch ausschließen.
Die Bischöfe sind sich darüber im klaren, dass der Abschied
von einer bisher im wesentlichen schematischen Kündigungspraxis
und die Berücksichtigung der Einzelfallumstände für die
Einrichtungen und Personalverwaltungen einen intensiven Einsatz und
ein sensibles Urteilsvermögen im Interesse der Glaubwürdigkeit
der Kirche fordert. Die bisherigen diözesanen Regelungen werden
nunmehr von den Diözesanbischöfen an die von der Deutschen
Bischofskonferenz beschlossene "Grundordnung des kirchlichen Dienstes
im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" angepaßt. Der
Geltungsbereich ergibt sich aus Artikel 2 der Grundordnung. Die dort
in Abs. 2 genannten sonstigen kirchlichen Rechtsträger sind gehalten,
die Grundordnung für ihren Bereich rechtsverbindlich zu übernehmen.
Die Deutsche Bischofskonferenz hat in einer vielseitig besetzten Arbeitsgruppe
und - zusammen mit den Herren Generalvikaren - auf zwei Studientagen
im Frühjahr 1992 und im Herbst 1993 versucht, unter Wahrung der
tragenden Grundsätze in verantwortlicher Weise den beschriebenen
Weg einzuschlagen. Im Namen der Bischöfe danke ich allen für
die außerordentliche Mitarbeit an dem hier nun vorgelegten Arbeitsrecht.
Mit der vorliegenden Veröffentlichung soll den Verantwortlichen
der Träger kirchlicher Einrichtungen, den Dienstgebern, Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern sowie allen Interessierten die Möglichkeit gegeben
werden, sich über das kirchliche Arbeitsrecht zu informieren, damit
die Umsetzung in den verschiedenen kirchlichen Einrichtungen gelingen
kann.
Bonn, den 9. Dezember 1993
Bischof Karl Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Erklärung der deutschen
Bischöfe zum kirchlichen Dienst
0. Präambel
1. Der Berufung aller Menschen zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander
zu dienen, ist der Auftrag der Kirche.1 In lebendigen Gemeinden und
Gemeinschaften bemüht sie sich, weltweit diesem Auftrag durch die
Verkündigung des Evangeliums, die Feier der Eucharistie und der
anderen Sakramente sowie durch den Dienst am Mitmenschen gerecht zu
werden.2
Diese Sendung verbindet alle Glieder im Volk Gottes; sie bemühen
sich, ihr je an ihrem Ort und je nach ihrer Begabung zu entsprechen.3
Diesem Ziel dienen auch die Einrichtungen, die die Kirche unterhält
und anerkennt, um ihren Auftrag in der Gesellschaft wirksam wahrnehmen
zu können. Wer in ihnen tätig ist, wirkt an der Erfüllung
dieses Auftrages mit. Alle, die in den Einrichtungen mitarbeiten, bilden
- unbeschadet der Verschiedenheit der Dienste und ihrer rechtlichen
Organisation - eine Dienstgemeinschaft.
2. In der Bundesrepublik Deutschland ist der Kirche durch das Grundgesetz
die Freiheit garantiert, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb
der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu
verwalten.4 Die Kirche kann ihre Sendung und ihren Dienst in vielfältigen
Formen verwirklichen. Sie ist nicht darauf beschränkt, dafür
besondere kircheneigene Gestaltungsformen zu entwickeln, sondern kann
sich auch der jedermann offenstehenden Privatautonomie bedienen, um
ein Dienstverhältnis zu begründen und zu regeln.5 Deshalb
ist es ihr möglich, neben den ehrenamtlichen auch hauptamtliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.
3. Für alle, die im kirchlichen Dienst stehen, trägt die
Kirche eine besondere Verantwortung. Aufgrund ihrer Sendung ist die
Kirche verpflichtet, die Persönlichkeit und Würde der einzelnen
Mitarbeiterin und des einzelnen Mitarbeiters zu achten und zu schützen
und das Gebot der Lohngerechtigkeit zu verwirklichen.6 Das kirchliche
Arbeitsrecht muss daher außer den Erfordernissen, die durch
die kirchlichen Aufgaben und Ziele gegeben sind, auch den Grundnormen
gerecht werden, wie sie die katholische Soziallehre für die Arbeits-
und Lohnverhältnisse herausgearbeitet hat.7
Für kirchliche Dienstverhältnisse ergeben sich daraus folgende
Grundsätze:
I. Eigenart des kirchlichen Dienstes
Kirchliche Einrichtungen dienen dem Sendungsauftrag der Kirche. Daraus
ergibt sich, dass alle Gestaltungsformen des kirchlichen Dienstes,
auch die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen den kirchlichen Anstellungsträgern
und ihren Beschäftigten, dem religiösen Charakter des kirchlichen
Auftrags entsprechen müssen. In der Einrichtung selbst muss
sichtbar und erfahrbar werden, dass sie sich dem Auftrag Christi
verpflichtet und der Gemeinschaft der Kirche verbunden weiß. Alle
Beteiligten, Dienstgeber sowie leitende und ausführende Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, müssen bereit sein, "an der Verwirklichung eines
Stückes Auftrag der Kirche im Geist katholischer Religiosität,
im Einklang mit dem Bekenntnis der katholischen Kirche und in Verbindung
mit den Amtsträgern der katholischen Kirche"8 mitzuwirken.
II. Anforderungen an Träger und Leitung kirchlicher Einrichtungen
1. Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung
kirchlicher Einrichtungen haben sich an der Glaubens- und Sittenlehre
und an der Rechtsordnung der Kirche auszurichten.9 Jede dieser Einrichtungen
muss sich als Teil der Kirche begreifen. Keine Einrichtung darf
sich ohne Zustimmung der zuständigen kirchlichen Autorität
"katholisch" nennen.10
2. Träger und Leitung tragen die Verantwortung für den kirchlichen
Charakter der Einrichtung. Sie haben auch dafür zu sorgen, dass
in der Einrichtung geeignete Personen tätig sind, die bereit und
in der Lage sind, den kirchlichen Charakter der Einrichtung zu pflegen
und zu fördern.11 Nur wenn die religiöse Dimension des kirchlichen
Dienstes beachtet und der kirchliche Charakter der Einrichtung durch
alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bejaht werden, kann die Kirche
ihren Dienst an dem Menschen glaubwürdig erfüllen.
III. Anforderungen der Kirche an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
1. Die Gestaltung des kirchlichen Arbeitsverhältnisses geht von
der Dienstgemeinschaft aller aus, in der jede Mitarbeiterin und jeder
Mitarbeiter das kirchliche Selbstverständnis der Einrichtung anerkennt
und dem dienstlichen Handeln zugrunde legt. Das verpflichtet jede Mitarbeiterin
und jeden Mitarbeiter zu einer Leistung und Loyalität, die der
Stellung der Einrichtung in der Kirche und der übertragenen Aufgabe
gerecht werden. Die Kirche muss deshalb an ihre Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter Anforderungen stellen, die gewährleisten, dass
sie ihren besonderen Auftrag glaubwürdig erfüllen können.
Dazu gehören fachliche Tüchtigkeit, gewissenhafte Erfüllung
der übertragenen Aufgaben12 und eine Zustimmung zu den Zielen der
Einrichtung.
2. Damit die Einrichtung ihre kirchliche Sendung erfüllen kann,
muss der kirchliche Dienstgeber bei der Einstellung darauf achten,
dass eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter die Eigenart des kirchlichen
Dienstes bejaht. Er kann pastorale, katechetische und in der Regel erzieherische
Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche
angehört.
3. (1) Von den katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird
erwartet, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens-
und Sittenlehre anerkennen und beachten. Insbesondere im pastoralen,
katechetischen und erzieherischen Dienst sowie bei Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind,
ist das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze
der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. Dies gilt auch
für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
(2) Von nichtkatholischen christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
wird erwartet, dass sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums
achten und dazu beitragen, sie in der Einrichtung zur Geltung zu bringen.
Nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen bereit
sein, die ihnen in einer kirchlichen Einrichtung zu übertragenden
Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen.
(3) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben kirchenfeindliches
Verhalten zu unterlassen. Sie dürfen in ihrer persönlichen
Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit
der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht
gefährden.
4. Erfüllt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen
nicht mehr, so muss der Dienstgeber durch Beratung versuchen, dass
die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt.
Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob schon ein solches klärendes
Gespräch oder eine Abmahnung, ein formeller Verweis oder eine andere
Maßnahme (z.B. Versetzung, Änderungskündigung) geeignet
sind, dem Obliegenheitsverstoß zu begegnen. Eine Kündigung
muss als letzte Maßnahme nicht nur arbeitsrechtlich, sondern
auch im Licht der religiösen Dimension der kirchlichen Dienstgemeinschaft
gerechtfertigt sein. Die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung
hängt von den Einzelfallumständen ab, insbesondere vom Ausmaß
einer Gefährdung der Glaubwürdigkeit von Kirche und kirchlicher
Einrichtung, von der Belastung der kirchlichen Dienstgemeinschaft, der
Art der Einrichtung, dem Charakter der übertragenen Aufgabe, deren
Nähe zum kirchlichen Verkündigungsauftrag, von der Stellung
der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters in der Einrichtung sowie von
der Art und dem Gewicht der Obliegenheitsverletzung. Vor allem ist zu
unterscheiden, ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Lehre
der Kirche bekämpft oder sie anerkennt, aber im konkreten Fall
versagt.
IV. Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Gestaltung
ihrer Arbeitsbedingungen
1. In der Bundesrepublik Deutschland hat die Kirche das verfassungsmäßig
gewährleistete Recht, ein eigenes Regelungsverfahren zu schaffen,
um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse
zu beteiligen. Das Tarifvertragssystem mit dem zu seinen Funktionsvoraussetzungen
gehörenden Arbeitskampf sichert nicht die Eigenart des kirchlichen
Dienstes. Tarifverträge kirchlicher Einrichtungen mit verschiedenen
Gewerkschaften sind mit der Einheit des kirchlichen Dienstes unvereinbar.
Streik und Aussperrung widersprechen den Grunderfordernissen des kirchlichen
Dienstes. Für die Einrichtungen der Glaubensverkündigung und
die Werke der Nächstenliebe gäbe daher die Kirche ihren Sendungsauftrag
preis, wenn sie ihren Dienst den Funktionsvoraussetzungen des Tarifvertragssystems
unterordnen würde.
2. Die Dienstgemeinschaft als das maßgebende Strukturelement
des kirchlichen Dienstes gebietet es, dass unterschiedliche Interessen
bei Dienstgebern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Beachtung
des Grundkonsenses aller über den kirchlichen Auftrag ausgeglichen
werden. Diesem Zweck dient es, dass die Kirche mit paritätisch
besetzten Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechtes (KODA)
einen eigenen Weg zur Regelung der Vergütung und anderen Arbeitsbedingungen
geht. Die Kompetenz der arbeitsrechtlichen Kommission eröffnet
die Möglichkeit, dass jeder Interessenkonflikt Gegenstand
einer Schlichtung sein kann. Dabei bleibt die Hirtenaufgabe des Bischofs
unberührt, die umfassende Verantwortung für alle ihm anvertrauten
Gläubigen wahrzunehmen. Das durch die Kirche geschaffene Arbeitsrechts-Regelungsrecht
(KODA-Ordnungen) sichert und fördert die Beteiligung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen. Es leistet
damit zugleich einen Beitrag für die vom Kirchen-Verständnis
getragene Dienstgemeinschaft.
V. Mitarbeitervertretungsrecht als kirchliche Betriebsverfassung
Nach dem Grundgesetz bestimmt die Kirche für den ihr zugeordneten
Bereich, "ob und in welcher Weise die Arbeitnehmer und ihre Vertretungsorgane
in Angelegenheiten des Betriebs, die ihre Interessen berühren,
mitwirken und mitbestimmen".13 Die Mitbestimmung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter ist geboten, weil sie den Dienst der Kirche verantwortlich
mitgestalten. Die Verwirklichung der Mitbestimmung kann nicht von der
Verfaßtheit der Kirche, ihrem Auftrag und der kirchlichen Dienstverfassung
getrennt werden. Hierzu wurde auf Grund des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts
die Ordnung für Mitarbeitervertretungen erlassen. Damit füllen
die Kirchen den vom Staat zu selbstbestimmter Gestaltung anerkannten
Regelungsraum auch zur Wahrung einer Konkordanz mit der staatlichen
Arbeitsrechtsordnung aus.
Zwar entscheiden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst darüber,
ob eine Mitarbeitervertretung gebildet wird; der Dienstgeber hat aber
im Rahmen der geltenden Regelung daran mitzuwirken und etwaige Hindernisse
zu beseitigen. Er soll denjenigen, die ein Amt in der Mitarbeitervertretung
übernehmen, erforderliche Hilfen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben
anbieten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen die Möglichkeit
des Mitarbeitervertretungsrechts nutzen, ihre Rechte und Interessen,
ihre Anliegen und Sorgen in der vorgesehenen Weise zur Geltung zu bringen.
Der Dienstgeber darf sie hieran nicht hindern.
Der kircheneigene Weg im Mitarbeitervertretungsrecht schließt
schon im Hinblick auf die kirchliche Soziallehre eine gleichwertige
soziale Verantwortung ein. Gleichwohl erfordert dieser Weg Unterschiede
zum weltlichen Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht. Sie
haben ihren Grund in der Sendung der Kirche.
VI. Koalitionsfreiheit kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kirchlichen Dienstes können
sich in Ausübung der Koalitionsfreiheit als kirchliche Arbeitnehmer
zur Beeinflussung der Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
in Vereinigungen (Koalitionen) zusammenschließen, diesen beitreten
und sich in ihnen betätigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sind berechtigt, innerhalb ihrer Einrichtung für den Beitritt zu
diesen Koalitionen zu werben, über deren Aufgaben und Tätigkeit
zu informieren sowie Koalitionsmitglieder zu betreuen. Die Koalitionsfreiheit
entbindet sie aber nicht von der Pflicht, ihre Arbeit als Beitrag zum
Auftrag der Kirche zu leisten.
Wegen der Zielsetzung des kirchlichen Dienstes muss eine Vereinigung
dessen Eigenart und die sich daraus für die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter ergebenden Loyalitätsobliegenheiten anerkennen. Vereinigungen,
die diesen Anforderungen gerecht werden, können die ihnen angehörenden
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der zulässigen Koalitionsbetätigung
in der Einrichtung unterstützen. Dabei haben sie und die ihnen
angehörenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf zu achten,
dass die Arbeit einer kirchlichen Einrichtung unter einem geistlich-religiösen
Auftrag steht. Sie müssen das verfassungsmäßige Selbstbestimmungsrecht
der Kirche zur Gestaltung der sozialen Ordnung ihres Dienstes respektieren.
VII. Gerichtlicher Rechtsschutz
Soweit die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter dem staatlichen Arbeitsrecht unterliegen, sind die staatlichen
Arbeitsgerichte für den gerichtlichen Rechtsschutz zuständig.
Für Rechtsstreitigkeiten auf den Gebieten der kirchlichen Ordnungen
für ein Arbeitsvertrags- und des Mitarbeitervertretungsrechts werden
für den gerichtlichen Rechtsschutz unabhängige kirchliche
Gerichte gebildet.
VIII. Gemeinsame Verantwortung
1. Bei ihrer Entscheidung für ein kircheneigenes Dienst- und Arbeitsrecht
hat sich die Kirche davon leiten lassen, "dass das Grundgesetz
der menschlichen Vervollkommnung und deshalb auch der Umwandlung der
Welt, das neue Gebot der Liebe ist, ...dass allen Menschen der
Weg der Liebe offensteht und der Versuch, eine umfassende Brüderlichkeit
herzustellen, nicht vergeblich ist".14 Wenn die erzieherischen, caritativen,
missionarischen und sozialen Einrichtungen von diesem Glauben durchdrungen
sind, bringen sie den Auftrag der Kirche in der Welt von heute für
alle Menschen verständlich zum Ausdruck.15
2. Damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sinn, Ziel und Struktur
des kirchlichen Dienstes und ihre eigene Aufgabe darin besser erkennen
können, kommt ihrer Aus- und Fortbildung große Bedeutung
zu. Sie müssen bereits in der Ausbildungsphase mit den funktionalen
Erfordernissen, aber genauso mit den ethischen und religiösen Aspekten
ihres Dienstes vertraut gemacht werden.
Im Rahmen der fachlichen und beruflichen Weiterbildung muss auch
für Fragen des Glaubens und der Wertorientierung sowie für
die Bewältigung der spezifischen Belastungen der einzelnen Dienste
in angemessener Weise Raum geschaffen werden. Nur in einem Klima wechselseitigen
Respekts und Vertrauens kann sich eine Spiritualität entwickeln,
die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrem Einsatz trägt,
den Menschen dient und die Kirche als ganze bereichert.16
3. Zum kirchlichen Dienst gehören auch solche Gläubige, die
auf Dauer oder auf Zeit ehrenamtlich ohne Entgelt besondere Aufgaben
in der Kirche erfüllen, um durch dieses Apostolat mitzuhelfen,
dass die Kirche ihre Aufgaben erfüllen kann. Sie geben mit
ihrem Einsatz eine Ermutigung, sie stützen und bestärken die
anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie tragen dazu bei, dass
im Alltag der kirchlichen Dienste die missionarische Kraft nicht erlahmt.
Daher werden auch sie in die Weiterbildung über Fragen ihres Dienstes
und des Glaubens sowie bei Hilfen der Lebensführung einbezogen.
Die hauptberuflich Tätigen sollen dafür gewonnen werden, über
ihren beruflichen Dienst hinaus bei der Verwirklichung der Aufgaben
der Kirche aus freien Stücken mitzuarbeiten.
Fulda, den 22. September 1993
Grundordnung des kirchlichen
Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse
Die katholischen (Erz-)Bischöfe in der Bundesrepublik Deutschland
erlassen, jeweils für ihren Bereich,
- in Verantwortung für den Auftrag der Kirche, der Berufung aller
Menschen zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander zu dienen,
- in Wahrnehmung der der Kirche durch das Grundgesetz garantierten
Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken
des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen,
- zur Sicherung der Glaubwürdigkeit der Einrichtungen, die die
Kirche unterhält und anerkennt, um ihren Auftrag in der Gesellschaft
wirksam wahrnehmen zu können,
- in Erfüllung ihrer Pflicht, dass das kirchliche Arbeitsrecht
außer den Erfordernissen, die durch die kirchlichen Aufgaben
und Ziele gegeben sind, auch den Grundnormen gerecht werden muss,
wie sie die katholische Soziallehre für die Arbeits- und Lohnverhältnisse
herausgearbeitet hat,
die folgende Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher
Arbeitsverhältnisse
Artikel 1 Grundprinzipien des
kirchlichen Dienstes
Alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen tragen
durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung
gemeinsam dazu bei, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag
der Kirche erfüllen kann (Dienstgemeinschaft). Alle Beteiligten,
Dienstgeber sowie leitende und ausführende Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, müssen anerkennen und ihrem Handeln zugrunde
legen, dass Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur
und Leitung der Einrichtung, für die sie tätig sind,
sich an der Glaubens- und Sittenlehre und an der Rechtsordnung
der katholischen Kirche auszurichten haben.
Artikel 2 Geltungsbereich
(1) Diese Grundordnung gilt für
a) die (Erz-)Diözesen,
b) die Kirchengemeinden und Kirchenstiftungen,
c) die Verbände von Kirchengemeinden,
d) die Diözesancaritasverbände und deren Gliederungen, soweit
sie öffentliche juristische Personen des kanonischen Rechts
sind,
e) die sonstigen dem Diözesanbischof unterstellten öffentlichen
juristischen Personen des kanonischen Rechts,
f) die sonstigen kirchlichen Rechtsträger, unbeschadet ihrer Rechtsform,
die der bischöflichen Gesetzgebungsgewalt unterliegen
und deren Einrichtungen.
(2) Kirchliche Rechtsträger, die nicht der bischöflichen
Gesetzgebungsgewalt unterliegen, sind verpflichtet, bis spätestens
zum 31.12.2013 diese Grundordnung durch Übernahme in ihr Statut
verbindlich zu übernehmen. Wenn sie dieser Verpflichtung nicht
nachkommen, haben sie im Hinblick auf die arbeitsrechtlichen Beziehungen
nicht am Selbstbestimmungsrecht der Kirche gemäß Art. 140
GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV teil.
(3) Unter diese Grundordnung fallen nicht Mitarbeiter, die auf Grund
eines Klerikerdienstverhältnisses oder ihrer Ordenszugehörigkeit
tätig sind.
Artikel 3 Begründung des
Arbeitsverhältnisses
(1) Der kirchliche Dienstgeber muss bei der Einstellung darauf
achten, dass eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter die Eigenart
des kirchlichen Dienstes bejahen. Er muss auch prüfen, ob
die Bewerberin und der Bewerber geeignet und befähigt sind,
die vorgesehene Aufgabe so zu erfüllen, dass sie der Stellung
der Einrichtung in der Kirche und der übertragenen Funktion
gerecht werden.
(2) Der kirchliche Dienstgeber kann pastorale, katechetische sowie
in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen,
die der katholischen Kirche angehört.
(3) Der kirchliche Dienstgeber muss bei allen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern durch Festlegung der entsprechenden Anforderungen
sicherstellen, dass sie ihren besonderen Auftrag glaubwürdig
erfüllen
können. Dazu gehören fachliche Tüchtigkeit, gewissenhafte
Erfüllung der übertragenen Aufgaben und eine Zustimmung
zu den Zielen der Einrichtung.
(4) Für keinen Dienst in der Kirche geeignet ist, wer sich kirchenfeindlich
betätigt oder aus der katholischen Kirche ausgetreten ist.
(5) Der kirchliche Dienstgeber hat vor Abschluss des Arbeitsvertrages
durch Befragung und Aufklärung der Bewerberinnen und Bewerber
sicherzustellen, dass sie die für sie nach dem Arbeitsvertrag
geltenden Loyalitätsobliegenheiten
(Art. 4) erfüllen.
Artikel 4 Loyalitätsobliegenheiten
(1) Von den katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet,
dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre
anerkennen und beachten. Insbesondere im pastoralen, katechetischen
und erzieherischen Dienst sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
die aufgrund einer Missio canonica tätig sind, ist das persönliche
Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens-
und Sittenlehre erforderlich. Dies gilt auch für leitende
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
(2) Von nichtkatholischen christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
wird erwartet, dass sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums
achten und dazu beitragen, sie in der Einrichtung zur Geltung zu bringen.
(3) Nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen bereit
sein, die ihnen in einer kirchlichen Einrichtung zu übertragenden
Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen.
(4) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben kirchenfeindliches
Verhalten zu unterlassen. Sie dürfen in ihrer persönlichen
Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit
der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht
gefährden.
Artikel 5 Verstöße
gegen Loyalitätsobliegenheiten
(1) Erfüllt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen
nicht mehr, so muss der Dienstgeber durch Beratung versuchen, dass
die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt.
Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob schon ein solches klärendes
Gespräch oder eine Abmahnung, ein formeller Verweis oder eine andere
Maßnahme (z.B. Versetzung, Änderungskündigung) geeignet
sind, dem Obliegenheitsverstoß zu begegnen. Als letzte Maßnahme
kommt eine Kündigung in Betracht.
(2) Für eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen
sieht die Kirche insbesondere folgende Loyalitätsverstöße
als schwerwiegend an:
- Verletzungen der gemäß Art. 3 und 4 von einer Mitarbeiterin
oder einem Mitarbeiter zu erfüllenden Obliegenheiten, insbesondere
Kirchenaustritt, öffentliches Eintreten gegen tragende Grundsätze
der katholischen Kirche (z.B. hinsichtlich der Abtreibung) und schwerwiegende
persönliche sittliche Verfehlungen,
- Abschluß einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung
der Kirche ungültigen Ehe,
- Handlungen, die kirchenrechtlich als eindeutige Distanzierung von
der katholischen Kirche anzusehen sind, vor allem Abfall vom Glauben
(Apostasie oder Häresie gemäß c. 1364 ß 1 i.V.
mit c. 751 CIC), Verunehrung der heiligen Eucharistie (c. 1367 CIC),
öffentliche Gotteslästerung und Hervorrufen von Haß
und Verachtung gegen Religion und Kirche (c. 1369 CIC), Straftaten gegen
die kirchlichen Autoritäten und die Freiheit der Kirche (insbesondere
gemäß den cc. 1373, 1374 CIC).
(3) Ein nach Abs. 2 generell als Kündigungsgrund in Betracht kommendes
Verhalten schließt die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung
aus, wenn es begangen wird von pastoral, katechetisch oder leitend tätigen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
die aufgrund einer Missio canonica tätig sind. Von einer Kündigung
kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe
des Einzelfalles diese als unangemessen erscheinen lassen.
(4) Wird eine Weiterbeschäftigung nicht bereits nach Abs. 3 ausgeschlossen,
so hängt im übrigen die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung
von den Einzelfallumständen ab, insbesondere vom Ausmaß einer
Gefährdung der Glaubwürdigkeit von Kirche und kirchlicher
Einrichtung, von der Belastung der kirchlichen Dienstgemeinschaft, der
Art der Einrichtung, dem Charakter der übertragenen Aufgabe, deren
Nähe zum kirchlichen Verkündigungsauftrag, von der Stellung
der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters in der Einrichtung sowie von
der Art und dem Gewicht der Obliegenheitsverletzung. Dabei ist auch
zu berücksichtigen, ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter
die Lehre der Kirche bekämpft oder sie anerkennt, aber im konkreten
Fall versagt.
(5) Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die aus der katholischen Kirche
austreten, können nicht weiterbeschäftigt werden.
Im Fall des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und
der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe scheidet eine Weiterbeschäftigung
jedenfalls dann aus, wenn sie unter öffentliches Ärgernis
erregenden oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden
Umständen geschlossen wird (z.B. nach böswilligem Verlassen
von Ehepartner und Kindern).
Artikel 6 Koalitionsfreiheit
(1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kirchlichen Dienstes können
sich in Ausübung ihrer Koalitionsfreiheit als kirchliche Arbeitnehmer
zur Beeinflussung der Gestaltung ihrer Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
in Vereinigungen (Koalitionen) zusammenschließen, diesen beitreten
und sich in ihnen betätigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sind berechtigt, innerhalb ihrer Einrichtung für den Beitritt zu
diesen Koalitionen zu werben, über deren Aufgaben und Tätigkeit
zu informieren sowie Koalitionsmitglieder zu betreuen. Die Koalitionsfreiheit
entbindet sie aber nicht von der Pflicht, ihre Arbeit als Beitrag zum
Auftrag der Kirche zu leisten.
(2) Wegen der Zielsetzung des kirchlichen Dienstes muss eine Vereinigung
dessen Eigenart und die sich daraus für die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter ergebenden Loyalitätsobliegenheiten anerkennen. Vereinigungen,
die diesen Anforderungen gerecht werden, können die ihnen angehörenden
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der zulässigen Koalitionsbetätigung
in der Einrichtung unterstützen. Dabei haben sie und die ihnen
angehörenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf zu achten,
dass die Arbeit einer kirchlichen Einrichtung unter einem geistig-religiösen
Auftrag steht. Sie müssen das verfassungsmäßige Selbstbestimmungsrecht
der Kirche zur Gestaltung der sozialen Ordnung ihres Dienstes respektieren.
Artikel 7 Beteiligung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen
(1) Das Verhandlungsgleichgewicht ihrer abhängig beschäftigten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Abschluß und Gestaltung der
Arbeitsverträge sichert die katholische Kirche durch das ihr verfassungsmäßig
gewährleistete Recht, ein eigenes Arbeitsrechts-Regelungsverfahren
zu schaffen. Rechtsnormen für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse
kommen zustande durch Beschlüsse von Kommissionen, die mit Vertretern
der Dienstgeber und Vertretern der Mitarbeiter paritätisch besetzt
sind. Die Beschlüsse dieser Kommissionen bedürfen der bischöflichen
Inkraftsetzung für das jeweilige Bistum. Das Nähere, insbesondere
die jeweiligen Zuständigkeiten, regeln die KODA-Ordnungen. Die
Kommissionen sind an diese Grundordnung gebunden.
(2) Wegen der Einheit des kirchlichen Dienstes und der Dienstgemeinschaft
als Strukturprinzip des kirchlichen Arbeitsrechts schließen kirchliche
Dienstgeber keine Tarifverträge mit Gewerkschaften ab. Streik und
Aussperrung scheiden ebenfalls aus.
Artikel 8 Mitarbeitervertretungsrecht
als kirchliche Betriebsverfassung
Zur Sicherung ihrer Selbstbestimmung in der Arbeitsorganisation kirchlicher
Einrichtungen wählen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach
Maßgabe kirchengesetzlicher Regelung Mitarbeitervertretungen,
die an Entscheidungen des Dienstgebers beteiligt werden. Das Nähere
regelt die jeweils geltende Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO). Die
Gremien der Mitarbeitervertretungsordnung sind an diese Grundordnung
gebunden.
Artikel 9 Fort- und Weiterbildung
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Anspruch auf berufliche
Fort- und Weiterbildung. Diese umfassen die fachlichen Erfordernisse,
aber genauso die ethischen und religiösen Aspekte des Dienstes.
Hierbei müssen auch Fragen des Glaubens und der Wertorientierung
sowie die Bewältigung der spezifischen Belastungen der einzelnen
Dienste angemessen berücksichtigt werden.
Artikel 10 Gerichtlicher Rechtsschutz
(1) Soweit die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter dem staatlichen Arbeitsrecht unterliegen, sind die staatlichen
Arbeitsgerichte für den gerichtlichen Rechtsschutz zuständig.
(2) Für Rechtsstreitigkeiten auf den Gebieten der kirchlichen
Ordnungen für ein Arbeitsvertrags- und des Mitarbeitervertretungsrechts
werden für den gerichtlichen Rechtsschutz unabhängige kirchliche
Gerichte gebildet.
(3) Die Richter sind von Weisungen unabhängig und nur an das kirchliche
und staatliche Gesetz und Recht gebunden. Zum Richter kann berufen werden,
wer katholisch ist und nicht durch kirchenbehördliche Entscheidung
in der Ausübung der allen Kirchenmitgliedern zustehenden Rechte
behindert ist sowie die Gewähr dafür besitzt, dass er
jederzeit für das kirchliche Gemeinwohl eintritt. Ferner muss
er die zur Rechtsprechung erforderliche Qualifikation haben.
1 Vgl. Vaticanum II, LG 1, 5; GS 3, 19, 40, 45.
2 Vgl. Vaticanum II, LG 8, 9, 26; GS 24, 27, 41, 42, 88.
3 CIC cann. 208, 211, 215, 216.
4 Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV.
5 Beschluß des BVerfG vom 4. 6. 1985, E 70, 138.
6 Vgl. CIC can. 747 ß 2 sowie cann. 231 ß 2, 1286.
7 Vgl. Vaticanum II, GS 67.
8 Beschluß des BVerfG vom 11. 10. 1977, E 46, 73, 87.
9 Vgl. Johannes Paul II., Apost. Konst. "Ex corde Ecclesiae", Normae
generales Art. 2.
10 CIC cann. 216, 300, 803 ß 3, 808.
11 Vgl. Johannes Paul II., Apost. Konst. "Ex corde Ecclesiae", Normae
generales Art. 4.
12 Vgl. CIC can. 231 ß 1.
13 Beschluß des BVerfG vom 11. 10. 1977, E 46, 73, 94.
14 Vgl. Vaticanum II, GS 38.
15 Vgl. 2 Kor 3,2.
16 Vgl. 1 Kor 12,14-21.
Grundordnung des kirchlichen
Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse
- Begründung -
- Einleitung, Art. 4, 5, 8, 9, 10 verfaßt von Herrn Prof. Dr.
Wilhelm Dütz, Augsburg; Art. 1, 2, 3, 6, 7 verfaßt von Herrn
Prof. Dr. Reinhard Richardi, Regensburg -
Einleitung
Während die "Erklärung zum kirchlichen Dienst" bischöfliche
Grundsätze zum Leitbild einer kirchlichen Dienstgemeinschaft enthält,
handelt es sich bei der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen
kirchlicher Arbeitsverhältnisse" um eine kirchenrechtliche Verlautbarung
der Bischöfe. Inhaltlich geht es bei der Grundordnung um eine normative
Umsetzung der Erklärung zum kirchlichen Dienst. Funktional ist
diese Ordnung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts1
darauf ausgerichtet, dass die Kirche mit der kirchenspezifischen
Regelung ihrer Arbeitsverhältnisse sowohl von der jedermann zustehenden
Privatautonomie als auch von ihrem verfassungsmäßig gewährleisteten
Selbstbestimmungsrecht Gebrauch macht: Privatautonom erfolgt die Entscheidung
der Kirche für die Beschäftigung kirchlicher Arbeitnehmer
auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags. Eigenständig werden von
der Kirche festgelegt einmal die kirchlichen Besonderheiten der Arbeitsverhältnisse
kirchlicher Arbeitnehmer und zum anderen die Ordnungen und Besonderheiten
des kollektiven kirchlichen Arbeitsrechts, insbesondere die KODA-Ordnungen
und das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht.
Begründung zu Art. 1
Der kirchliche Dienst steht unter dem Leitbild einer Dienstgemeinschaft.
Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts durch Art. 140 GG
i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistet den Kirchen in der Bundesrepublik
Deutschland, dass sie "der Gestaltung des kirchlichen Dienstes
auch dann, wenn sie ihn auf der Grundlage von Arbeitsverträgen
regeln, das besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft
aller ihrer Mitarbeiter zugrunde legen können".2 Die Bestimmung
stellt daher an die Spitze der Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes,
dass alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen
durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung
gemeinsam dazu beitragen, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag
der Kirche erfüllen kann.
Damit gibt Art. 1 zugleich eine Legaldefinition der Dienstgemeinschaft.
Bei der Erfüllung ihres Auftrages, der Berufung aller Menschen
zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander zu dienen, geht es nicht
nur um die dienende Nachfolge des einzelnen, sondern auch um das Zusammenstehen
vieler in einer "Gemeinschaft des Dienstes" (vgl. den griechischen Text
in 2 Kor 8,4). Diesem Ziel dienen die Einrichtungen, die die Kirche
unterhält und anerkennt, um ihren Auftrag in der Gesellschaft wirksam
wahrnehmen zu können. Wer in ihnen tätig ist, wirkt deshalb,
wie es in der Erklärung der Bischöfe zum kirchlichen Dienst
heißt, an der Erfüllung dieses Auftrages mit. Darauf beruht,
dass alle, die in den Einrichtungen mitarbeiten, - unbeschadet
der Verschiedenheit der Dienste und ihrer rechtlichen Organisation -
eine Dienstgemeinschaft bilden.
Basis für die Dienstgemeinschaft ist das gemeinsame Priestertum
aller Gläubigen.3 Der Bedeutungsgehalt der Dienstgemeinschaft wird
von der katholischen Kirche und den reformatorischen Kirchen im wesentlichen
gleich begründet. Zur Dienstgemeinschaft gehören aber nicht
nur die konfessionsverschiedenen Christen, wenn sie in den Dienst einer
Einrichtung der katholischen Kirche treten, sondern auch Nichtchristen
können, wenn sie sich freiwillig dazu bereit erklären, zwar
nicht im Verkündigungsdienst, aber bei der Wahrnehmung anderer
Aufgaben einen Auftrag der Kirche erfüllen.4
Für alle Mitarbeiter gilt einheitlich, dass sie mit ihrer
Arbeit einen Beitrag zur Erfüllung des der Kirche gestellten Auftrags
leisten, wenn sie in den Dienst einer Einrichtung der katholischen Kirche
treten. Alle Beteiligten - Dienstgeber sowie leitende und ausführende
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - müssen deshalb, wie es in Satz
2 heißt, anerkennen und ihrem Handeln zugrunde legen, dass
Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung der
Einrichtung, für die sie tätig sind, sich an der Glaubens-
und Sittenlehre und an der Rechtsordnung der katholischen Kirche auszurichten
haben. Diese Regelung gehört zu den Grundprinzipien des kirchlichen
Dienstes. Sie steht nicht zur Disposition des Rechtsträgers einer
Einrichtung, die sich "katholisch" nennt. Ihre Sonderstellung innerhalb
der Arbeitsrechtsordnung hat eine Einrichtung nur, wenn sie teilhat
"an der Verwirklichung eines Stückes Auftrag der Kirche im Geist
katholischer Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis der katholischen
Kirche und in Verbindung mit den Amtsträgern der katholischen Kirche".5
Nach dem Staatskirchenrecht des Grundgesetzes ist das Selbstbestimmungsrecht
nämlich ein Recht der Religionsgesellschaft, nicht der von ihr
geschaffenen, unterhaltenen oder anerkannten Einrichtungen. Diese haben
vielmehr nur teil an dem der Religionsgesellschaft gegenüber dem
Staat verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht.
Die Dienstgemeinschaft als Leitprinzip des kirchlichen Dienstes hat
Auswirkungen auf die Anforderungen der Kirche an Träger und Leitung
kirchlicher Einrichtungen (Art. 3) und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
(Art. 4). Die Anerkennung einer Dienstgemeinschaft bedeutet nicht, dass
es im kirchlichen Dienst keine Interessenkonflikte gibt. Sie gebietet
aber, wie es in der Erklärung der Bischöfe zum kirchlichen
Dienst (unter IV 2) heißt, dass unterschiedliche Interessen
bei Dienstgebern und Mitarbeitern unter Beachtung des Grundkonsenses
aller über den kirchlichen Auftrag ausgeglichen werden. Diesem
Zweck dient es, dass die Kirche mit paritätisch besetzten
Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechtes (KODA) einen eigenen
Weg zur Regelung der Vergütung und anderen Arbeitsbedingungen geht
(Art. 7). Dem Leitbild der Dienstgemeinschaft dient schließlich
die kircheneigene Betriebsverfassung durch das Mitarbeitervertretungsrecht;
denn die Verwirklichung der Mitbestimmung kann nicht von der Verfaßtheit
der Kirche, ihrem Auftrag und der kirchlichen Dienstverfassung getrennt
werden.
Begründung zu Art. 2
Die Bestimmung legt den Geltungsbereich der Grundordnung fest. Sie
berücksichtigt, dass die Gesetzgebungsbefugnis des Bischofs
kirchenrechtlich begrenzt sein kann und dass insbesondere bei verselbständigten
Einrichtungen in privatrechtlicher Form eine Zuordnung zur Kirche durch
die Satzung abgesichert sein muss. Da staatskirchenrechtlich die
Sonderstellung innerhalb der Arbeitsrechtsordnung aber nicht auf der
Satzungsautonomie, sondern auf dem verfassungsrechtlich verbürgten
Selbstbestimmungsrecht der Kirche beruht,6 sind Rechtsträger, für
die der Bischof diese Grundordnung nicht unmittelbar in Kraft setzen
kann, gehalten, sie für ihren Bereich rechtsverbindlich zu übernehmen.
Klargestellt wird, dass unter diese Ordnung nicht Mitarbeiter
fallen, die auf Grund eines Klerikerdienstverhältnisses tätig
sind.
Begründung zu Art. 3
Da kirchliche Einrichtungen dem Sendungsauftrag der Kirche dienen,
haben ihre Träger und ihre Leitung die Verantwortung für den
kirchlichen Charakter der Einrichtung. Die Bestimmung verlangt daher
in Abs. 1 vom kirchlichen Dienstgeber, bei der Einstellung darauf zu
achten, dass eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter die Eigenart
des kirchlichen Dienstes bejahen, wobei der Dienstgeber auch zu prüfen
hat, ob die Bewerberin und der Bewerber geeignet und befähigt sind,
die vorgesehene Aufgabe so zu erfüllen, dass sie der Stellung
der Einrichtung in der Kirche und der übertragenen Funktion gerecht
werden. Die Bestimmung zeigt, dass die Ausrichtung des kirchlichen
Dienstes am Leitbild einer Dienstgemeinschaft nicht nur den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern eine besondere Loyalitätsobliegenheit auferlegt,
sondern vor allem auch den kirchlichen Dienstgeber in die Pflicht nimmt.
Von seiner Sorgfalt bei der Personenauswahl hängt nämlich
ab, ob eine Einrichtung für die Öffentlichkeit glaubwürdig
der katholischen Kirche zugerechnet werden kann, damit sie den ihr von
Jesus Christus gestellten Dienstauftrag in der Gesellschaft wirksam
erfüllen kann.
Der Abs. 2 dient ebenfalls diesem Zweck. Die Bischöfe verlangen
in ihrer Erklärung zum kirchlichen Dienst, dass der kirchliche
Dienstgeber pastorale, katechetische und in der Regel erzieherische
Aufgaben nur einer Person übertragen kann, die der Kirche angehört
(unter III 2); denn insbesondere im pastoralen, katechetischen und erzieherischen
Dienst ist das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze
der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich (unter III 3
(1)). Pastoral oder katechetisch tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
müssen daher katholisch sein. Darüber hinaus kann ein kirchlicher
Dienstgeber sonst erzieherische Aufgaben ebenfalls in der Regel nur
einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört.
Abs. 2 verlangt außerdem, dass der Dienstgeber in der Regel
auch leitende Aufgaben nur einer Person übertragen kann, die der
katholischen Kirche angehört; denn wer in einer Einrichtung leitende
Aufgaben erfüllt, nimmt Funktionen wahr, die besondere Bedeutung
für den Bestand und die Entwicklung der Einrichtung haben. Er soll
ein Vorbild sein (vgl. 1 Tim 4,12). Wie insbesondere im pastoralen,
katechetischen und erzieherischen Dienst gilt daher auch für leitende
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass das persönliche Lebenszeugnis
im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre
erforderlich ist (Art. 4 Abs. 1 Satz 3). Auch für die Glaubwürdigkeit
der Kirche in der Öffentlichkeit ist von Gewicht, dass das
Leitungspersonal einer Einrichtung fähig und bereit ist, dazu beizutragen,
dass in der Einrichtung die Eigenart des kirchlichen Dienstes sichtbar
und erfahrbar wird. Bei Loyalitätsverstößen, die nach
Art. 5 Abs. 2 generell als Kündigungsgrund in Betracht kommen,
sind daher die leitend tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
dem Personenkreis gleichgestellt, der pastoral, katechetisch oder auf
Grund einer Missio canonica tätig ist (Art. 5 Abs. 3).
Abs. 3 legt fest, worauf ein kirchlicher Dienstgeber bei jeder Bewerberin
und jedem Bewerber zu achten hat, wenn er einen Arbeitsvertrag abschließt.
Damit der Dienstgeber die hier in Abs. 3 genannte Bestimmung erfüllen
kann, muss er für den Tätigkeitsbereich einer Mitarbeiterin
oder eines Mitarbeiters Funktionsbeschreibungen erstellen und ein entsprechendes
Anforderungsprofil festlegen. Die Prüfungspflicht erstreckt sich
auch darauf, ob man bei objektiver Beurteilung davon ausgehen kann,
dass die Bewerberin oder der Bewerber die in Art. 4 genannten Loyalitätsobliegenheiten
einhält.
Der Klarstellung dient in diesem Zusammenhang Abs. 4, nach dem für
keinen Dienst in der Kirche geeignet ist, wer sich kirchenfeindlich
betätigt oder aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. Nicht
besonders genannt ist der Austritt einer nichtkatholischen Person aus
ihrer Kirche. Erfolgt er zum Übertritt in die katholische Kirche,
so bedeutet diese Entscheidung eine Identifizierung mit Wesen und Auftrag
der katholischen Kirche. Erfolgt er dagegen unter Abwendung von der
christlichen Lehre, so handelt es sich um eine Person, bei der begründete
Zweifel bestehen, ob sie bereit ist, die ihr in einer kirchlichen Einrichtung
zu übertragenden Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen,
wie es Art. 4 Abs. 3 für diesen Personenkreis verlangt.
Die Bestimmung des Abs. 5 schlägt die Brücke zur Regelung
in Art. 4 über die Loyalitätsobliegenheiten einer Mitarbeiterin
oder eines Mitarbeiters im Dienst einer Einrichtung der katholischen
Kirche. Deshalb wird klargestellt, dass der kirchliche Dienstgeber
vor Abschluß des Arbeitsvertrages durch Befragung und Aufklärung
der Bewerberinnen und Bewerber sicherzustellen hat, dass sie die
für sie nach dem Arbeitsvertrag geltenden Loyalitätsobliegenheiten
erfüllen.
Begründung zu Art. 4
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben die Arbeitsgerichte
die Maßstäbe der verfaßten Kirche für die Bewertung
kirchenspezifischer Loyalitätsobliegenheiten im Arbeitsverhältnis
zugrundezulegen einschließlich der Frage, "ob und wie innerhalb
der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine ,Abstufung'
der Loyalitätspflichten eingreifen soll".7 Danach sind von der
Kirche mit dem Ziel auch von Rechtssicherheit und Gleichbehandlung maßgebende
Richtlinien für solche Obliegenheiten aufzustellen. Dies erfolgt
mit Art. 4 in der Weise, dass an die Erklärung zum kirchlichen
Dienst angeknüpft wird:
Von katholischen Beschäftigten wird erwartet, dass sie die
Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen
und beachten (III. 3. (1), S. 1). Insbesondere im pastoralen, katechetischen
und erzieherischen Dienst sowie bei Beschäftigten, die aufgrund
einer Missio canonica tätig sind, ist das persönliche Lebenszeugnis
im Sinne dieser Grundsätze erforderlich (a.a.O., S. 2); hier wird
ein in Art. 3 Abs. 2 der Grundordnung
bereits angesprochenes Prinzip weiterentwickelt. Entsprechendes gilt
für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Von nichtkatholischen christlichen Beschäftigten wird erwartet,
dass sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums achten und dazu
beitragen, sie in der Einrichtung zur Geltung zu bringen.
Nichtchristliche Beschäftigte müssen bereit sein, die ihnen
in einer kirchlichen Einrichtung zu übertragenden Aufgaben im Sinne
der Kirche zu erfüllen (II. 3. (2)).
Alle Beschäftigten haben kirchenfeindliches Verhalten zu unterlassen
(II. 3. (3), S. 1). Damit wird ein schon in Art. 3 Abs. 4 der Grundordnung
formuliertes Prinzip erneut aufgegriffen. Sie dürfen in ihrer persönlichen
Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit
der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht
gefährden (II. 3. (3), S. 2).
Begründung zu Art. 5
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben die Arbeitsgerichte
die kirchlichen Maßstäbe im Hinblick auf kündigungsrelevante
kirchenspezifische Verhaltensobliegenheiten zugrundezulegen. Insbesondere
bestimmen die Kirchen insoweit, welches die wesentlichen Grundsätze
der Glaubens- und Sittenlehre sind sowie was als gegebenenfalls schwerer
Verstoß hiergegen anzusehen ist und ob bzw. wie innerhalb der
kirchlichen Mitarbeiter eine Anforderungs- bzw. Sanktionenabstufung
stattfindet.8 Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten menschlichen
Verhaltens ist es nicht erreichbar, einen abschließenden Katalog
von maßgebenden Obliegenheiten, Verletzungsformen und Sanktionsarten
aufzustellen. Erstrebenswert ist aber eine Regelung, die über die
bisher übliche, ganz allgemein gehaltene sog. Kirchlichkeitsklausel
zur Ausrichtung der persönlichen Lebensführung deutlich hinausführt.
Das ermöglicht eine differenziert gefaßte Generalklausel
in Verbindung mit typischen Regelbeispielen, die fallgruppenartig bisherige
Erfahrungen aufgreifen. Dies wird mit Art. 5 wiederum in Anlehnung an
die Erklärung zum kirchlichen Dienst versucht:
Erfüllt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin die Beschäftigungsanforderungen
nicht mehr, so gehen Beratung, klärendes Gespräch, Abmahnung,
Verweis, Versetzung und Änderungskündigung einer Beendigungskündigung
vor. Eine Beendigungskündigung kommt nur als letzte Maßnahme
in Betracht (II. 4., S. 1 bis 3).
In Abs. 2 werden typische Regelbeispiele für kirchenspezifische
Kündigungsgründe aufgezählt, ohne dass damit ein
abschließender Katalog aufgestellt würde: Obliegenheitsverletzungen
gemäß Art. 3 und 4, vor allem Kirchenaustritt, öffentliches
Eintreten gegen tragende kirchliche Grundsätze (z.B. hinsichtlich
der Abtreibung), schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlungen,
ungültige Eheschließung sowie Handlungen, die kirchenrechtlich
als eindeutige Distanzierung von der katholischen Kirche anzusehen sind.
Derartige schwerwiegende Verstöße gegen kirchliche Grundsätze
schließen nach Abs. 3 aus kirchlicher Sicht, abgesehen von ganz
besonderen extremen Ausnahmefällen, die Weiterbeschäftigung
bei bestimmten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Angesprochen wird
hier ein Personenkreis, der auch bereits nach Art. 3 Abs. 2 und Art.
4 Abs. 1 einer besonderen Bindung unterstellt worden ist.
Nach Abs. 4 hängt eine Weiterbeschäftigung im übrigen
von den Einzelfallumständen ab, nämlich vom Ausmaß einer
Gefährdung der kirchlichen Glaubwürdigkeit, von der Belastung
der kirchlichen Dienstgemeinschaft, der Art der Einrichtung, dem Charakter
der übertragenen Aufgabe, deren Nähe zum kirchlichen Verkündigungsauftrag,
von der Stellung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters in der Einrichtung
sowie von der Art und dem Gewicht der Obliegenheitsverletzung (III.
4. S. 4); dabei ist auch zu berücksichtigen, ob eine Mitarbeiterin
oder ein Mitarbeiter die Lehre der Kirche bekämpft oder sie anerkennt,
aber im konkreten Fall versagt (III. 4., S. 1 u. 5). Von diesem Abs.
4 werden zunächst die Beschäftigten mit einer besonderen Bindung
i.S.v. Abs. 3 erfaßt, soweit es nämlich um Verstöße
gemäß Abs. 2 geht, aber im konkreten Fall Entlastungsgründe
vorgebracht werden können, und soweit es sich um andere als in
Abs. 2 aufgeführte Obliegenheitsverletzungen handelt. Auf alle
übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erstreckt sich Abs. 4
wegen aller Obliegenheitsverletzungen.
Zwei Fälle werden in Abs. 5 als Gründe für eine Nichtweiterbeschäftigung
besonders hervorgehoben: Der Kirchenaustritt und die ungültige
Eheschließung unter öffentliches Ärgernis erregenden
oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden Umständen.
Abschließend ist zur Kündigungsproblematik hervorzuheben,
dass die Kirche im Bereich ihres Selbstbestimmungsrechts, in dem
ihr also nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts arbeitsrechtliche
Kompetenzen zustehen,9 nur festlegen kann, was aus ihrer Sicht als Kündigungsgrund
in Betracht zu ziehen ist, während der Kündigungsgrund letztlich
erst vom staatlichen Arbeitsgericht im Anschluß an eine umfassende
Abwägung der Umstände des konkreten Einzelfalles bejaht wird.
Begründung zu Art. 6
Die Bestimmung stellt Inhalt und Reichweite der Koalitionsfreiheit
für den kirchlichen Dienst klar. Bei der Koalitionsfreiheit geht
es um ein Grundrecht, das für die Kirche bindend ist und von ihr
nach ihrer Lehre auch anerkannt und gefordert wird. Es setzt voraus,
dass für die Erbringung von Dienstleistungen ein Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis
besteht, wobei unerheblich ist, ob es privatrechtlich als Arbeitsverhältnis
oder öffentlich-rechtlich als Beamtenverhältnis gestaltet
ist. Koalitionsfreiheit gilt nur dort, wo Arbeit im fremden Dienst das
Beschäftigungsverhältnis prägt, also auch inhaltlich
die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass man sich zur
Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zusammenschließt.
Für Kleriker gilt die Schranke, dass sie sich nur zur Verfolgung
von Zwecken, die dem Klerikerstand angemessen sind, mit anderen zusammenschließen
können.10 Sie haben von der Gründung oder der Mitgliedschaft
in Vereinigungen abzusehen, deren Zielsetzung oder Tätigkeit sich
nicht mit den dem Klerikerstand eigenen Pflichten vereinbaren läßt
oder die gewissenhafte Erfüllung der ihnen von der zuständigen
kirchlichen Autorität übertragenen Aufgabe hemmen kann.11
An der Leitung von Gewerkschaften dürfen sie nicht aktiv teilnehmen,
außer dies ist nach dem Urteil der zuständigen kirchlichen
Autorität erforderlich, um die Rechte der Kirche zu schützen
oder das allgemeine Wohl zu fördern.12 Für andere Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst bestehen diese Schranken nicht.
Wer aber einem Institut des geweihten Lebens (Ordensinstitut oder Säkularinstitut)
angehört, steht in einer besonderen Lebensordnung, die es ausschließt,
sich zu einer Koalition zusammenzuschließen.
Sieht man von diesem Personenkreis ab, so können, wie Abs. 1 Satz
1 klarstellt, sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kirchlichen
Dienstes in Koalitionen zusammenschließen, diesen beitreten und
sich in ihnen betätigen. Das Grundrecht schließt auch ein,
wie es in dem folgenden Satz2 heißt, dass die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter berechtigt sind, innerhalb ihrer Einrichtung für
den Beitritt zu diesen Koalitionen zu werben, über deren Aufgaben
und Tätigkeit zu informieren sowie Koalitionsmitglieder zu betreuen.
Die Gewerkschaften erhalten dadurch aber kein Zutrittsrecht zu den Einrichtungen.
Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit verlangt dies nicht, wie das Bundesverfassungsgericht
klargestellt hat.13
Da kirchlicher Dienst niemals wertneutral geleistet wird, sondern stets
in der Bindung zur Sendung der Kirche steht, stellt Abs. 1 Satz 3 klar,
dass die Koalitionsfreiheit nicht von der Pflicht entbindet, die
Arbeit als Beitrag zum Auftrag der Kirche zu leisten. Daraus ergeben
sich Konsequenzen für die kollektive Koalitionsfreiheit in der
Kirche.
Eine Koalition muss, wie es in Abs. 2 Satz 1 heißt, wegen
der Zielsetzung des kirchlichen Dienstes dessen Eigenart und die sich
daraus für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergebenden Loyalitätsobliegenheiten
anerkennen. Darin liegt keine Einschränkung der Koalitionsfreiheit,
sondern diese Anforderung ergibt sich aus dem Koalitionszweck der Interessenwahrnehmung
innerhalb des kirchlichen Dienstes. Die Koalitionsfreiheit ist ein verfahrensgeprägtes
Grundrecht. Die Zweckbestimmung des kirchlichen Dienstes und der damit
verbundene Pflichtengehalt stehen nicht zur Disposition des Koalitionsverfahrens.
Vereinigungen, die den Anforderungen für eine Koalition im kirchlichen
Dienst gerecht werden, können, wie Abs. 2 Satz 2 klarstellt, die
ihnen angehörenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der zulässigen
Koalitionsbetätigung in der Einrichtung unterstützen. Die
Wahrnehmung dieser Hilfsfunktion fällt unter die Kernbereichsgarantie
der Koalitionsfreiheit. Sie umfaßt die Unterstützung der
Mitglieder bei deren Einflußnahme auf die Auswahl der Personen,
die in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen des Dritten Weges (KODA)
und in der Mitarbeitervertretung (MAV) die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
vertreten. Die Koalitionen und die ihnen angehörenden Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter haben aber, wie es in Abs.2 Satz 3 heißt, darauf
zu achten, dass die Arbeit einer kirchlichen
Einrichtung unter einem geistig-religiösen Auftrag steht. Daraus
folgt insbesondere, dass keine kirchliche Einrichtung Angriffe
auf die Lehre der Kirche und ihre Amtsträger dulden muss.
Gewerkschaftliches Informations- und Werbematerial muss, wie das
Bundesarbeitsgericht festgestellt hat, das verfassungsmäßige
Selbstbestimmungsrecht der Kirche zur Gestaltung der sozialen Ordnung
ihres Dienstes respektieren.14
Begründung zu Art. 7
Durch Art. 7 wird in die Grundordnung aufgenommen, dass die katholische
Kirche das Verhandlungsgleichgewicht ihrer abhängig beschäftigten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Abschluß und Gestaltung der
Arbeitsverträge durch ein kircheneigenes Arbeitsrechts-Regelungsverfahren
sichert. Die Dienstgemeinschaft als das maßgebende Strukturelement
des kirchlichen Dienstes gebietet es, dass unterschiedliche Interessen
bei Dienstgebern und Mitarbeitern unter Beachtung des Grundkonsenses
aller über den kirchlichen Auftrag ausgeglichen werden. Diesem
Zweck dienen die KODA-Ordnungen. Sie regeln das Nähere, insbesondere
die jeweiligen Zuständigkeiten.
In ihrer Erklärung zum kirchlichen Dienst weisen die Bischöfe
darauf hin, dass durch die Gestaltung dieser Arbeitnehmerbeteiligung
die Möglichkeit eröffnet wird, dass jeder Interessenkonflikt
Gegenstand einer Schlichtung sein kann. Darin liegt ein Unterschied
zur Tarifautonomie. Verweigern die Arbeitgeber nämlich den Abschluß
eines Tarifvertrags über einen bestimmten Gegenstand, so können
die Gewerkschaften einseitig keine Regelung herbeiführen. Deshalb
gibt die staatliche Arbeitsrechtsordnung die Befugnis zum Arbeitskampf,
um unter Einsatz dieses Druckmittels zu einer vertraglichen Verhandlung
und Einigung zu gelangen. Die Bischöfe haben in ihrer Erklärung
zum kirchlichen Dienst darauf hingewiesen, dass das Tarifvertragssystem
mit dem zu seinen Funktionsvoraussetzungen gehörenden Arbeitskampf
nicht die Eigenart des kirchlichen Dienstes sichert (unter IV 1). Tarifverträge
kirchlicher Einrichtungen mit verschiedenen Gewerkschaften seien mit
der Einheit des kirchlichen Dienstes unvereinbar. Streik und Aussperrung
widersprächen den Grunderfordernissen des kirchlichen Dienstes.
Der von der Kirche begangene Weg zur Beteiligung ihrer Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter an der Regelung der Vergütung und anderen Arbeitsbedingungen
entspricht der Besonderheit der Dienstgemeinschaft. Er fügt sich
in die Rechtsordnung der katholischen Kirche ein. Daher verlangt die
Grundordnung, dass die Beschlüsse der paritätisch mit
Vertretern der Dienstgeber und Vertretern der Mitarbeiter besetzten
Kommissionen der bischöflichen Inkraftsetzung für das jeweilige
Bistum bedürfen.
Diese Regelung sichert, dass die Hirtenaufgabe des Diözesanbischofs
unberührt bleibt, die umfassende Verantwortung für alle ihm
anvertrauten Gläubigen wahrzunehmen. Seine Anerkennung bedeutet
keine Beeinträchtigung der Parität. Sie bezweckt insbesondere
auch keine Einbeziehung des Diözesanbischofs in Lohnkonflikte,
sondern sie ist lediglich die Konsequenz der Rechtsregel, dass
der Diözesanbischof die Gestaltung des kirchlichen Dienstes nicht
auf eine von ihm unabhängige Einigungsstelle übertragen kann.
Die Anerkennung paritätischer Gestaltung der Arbeitsentgelte und
sonstigen Arbeitsbedingungen bezweckt keine Ersetzung der bischöflichen
Gesetzgebungsbefugnis. Darauf zielt auch die Feststellung in der Erklärung
zum kirchlichen Dienst, dass bei der KODA-Regelung die Hirtenaufgabe
des Diözesanbischofs unberührt bleibt, die umfassende Verantwortung
für alle ihm anvertrauten Gläubigen wahrzunehmen; denn das
kircheneigene Beteiligungsmodell leistet mit seiner Form einer Beteiligung
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen
einen Beitrag für die vom Kirchen-Verständnis getragene Dienstgemeinschaft.
Der Abs. 2 enthält die Regelung, die sich für die katholische
Kirche aus ihrer Entscheidung für das Beteiligungsmodell des Dritten
Weges ergibt. Tarifverträge werden in diesem Beteiligungsmodell
nicht abgeschlossen. Streik und Aussperrung scheiden ebenfalls aus.
Gehört eine Einrichtung zur katholischen Kirche, so darf sie daher
keine Tarifverträge mit Gewerkschaften abschließen. Daraus
folgt zugleich, dass auch der Beitritt zu einem Arbeitgeberverband
keine Tarifgebundenheit zur Folge haben darf. Die Einheit des kirchlichen
Dienstes gebietet es vielmehr, dass die Einrichtung das kirchliche
Arbeitsrechts-Regelungsrecht anwendet.
Begründung zu Art. 8
Im kirchlichen Mitarbeitervertretungsrecht sind Eigenständigkeit
und Einheitlichkeit des kirchlichen Arbeitsrechts am weitesten fortgeschritten.
Es wurde 1985 zuletzt allgemein novelliert; eine Weiterentwicklung wird
vorbereitet. Hierauf wird in Art. 8 verwiesen. Mit dieser Bezugnahme
wird zugleich zum Ausdruck gebracht, dass das Mitarbeitervertretungsrecht
als kirchliche Betriebsverfassung kirchengesetzlich festgelegt wird,
insbesondere also nicht dem Beteiligungskonzept nach den KODA-Ordnungen
unterliegt; das schließt selbstverständlich eine Mitwirkung
der kirchlichen Arbeitnehmer an der Fortschreibung des Mitarbeitervertretungsrechts
nicht aus.
Begründung zu Art. 9
Berufliche Fort- und Weiterbildung sind auch für kirchliche Beschäftigte
selbstverständlich. Das wird in Art. 9 auch und insbesondere hinsichtlich
der kirchlichen Dimension des Dienstes festgehalten. Es geht hierbei
um eine fortdauernde Bildung zu den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsverhältnisses,
so wie sie in der Erklärung zum kirchlichen Dienst und in der Grundordnung
des kirchlichen Dienstes konkretisiert werden.
Begründung zu Art. 10
Deutlich hervorzuheben ist, dass kirchliche Arbeitnehmer in arbeitsrechtlichen
Streitigkeiten die staatlichen Arbeitsgerichte in allen Fragen nach
wie vor anrufen können, in denen ihnen bislang der Weg zum staatlichen
Arbeitsgericht offensteht. Das wird in Abs. 1 ausdrücklich bestätigt.
Auf der anderen Seite gibt es staatliche,15 allgemein-öffentliche
und auch innerkirchliche16 Erwartungen, dass die Kirche eigene
unabhängige Gerichte zur Entscheidung von Streitigkeiten aus solchen
Bereichen einrichtet, in denen ihr nach dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht
eine eigene arbeitsrechtliche Regelungsmacht zusteht. Hierauf zielt
Art. 10 Abs. 2 ab; Abs. 3 legt Kriterien für die richterliche Unabhängigkeit
fest. Dementsprechend sind im Mitarbeitervertretungsrecht Schlichtungsstellen
vorgesehen. Diese leisten nicht nur schlichtende Vertragshilfe zur Überwindung
von Regelungsstreitigkeiten durch Kollektivvereinbarung. Vielmehr entscheiden
sie auch bestimmte Rechtsentscheidungen aus dem Mitarbeitervertretungsrecht;
insoweit haben sie höchstrichterliche Anerkennung als Gerichte
erfahren, die rechtsstaatlichen Grundsätzen gerecht werden.17 Abs.
2 legt fest, dass mitarbeitervertretungsrechtliche Spruchstellen
nicht nur enumerativ bestimmte Rechtsstreitigkeiten entscheiden sollen,
sondern eine generalklauselartig umschriebene Rechtsentscheidungskompetenz
erhalten. Entsprechendes gilt für eine Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten
aus den KODA-Ordnungen.
1 Beschluß des BVerfG vom 4. 6. 1985, E 70, 138, 164ff.
2 Beschluß des BVerfG vom 4. 6. 1985, E 70, 138, 165.
3 Vgl. CIC cann. 204, 208.
4 Vgl . Johannes Paul II., Apost. Konst. "Ex corde Ecclesiae", Normae
generales Art. 4 ß 4.
5 Beschluß des BVerfG vom 11. 10. 1977, E 46, 73, 87.
6 Vgl . Urteil des BAG vom 10. 12. 1992, AP Nr. 41 zu Art. 140 GG.
7 Beschluß des BVerfG vom 4. 6. 1985, E 70, 138, 167f.
8 Beschluß des BVerfG vom 4. 6. 1985, E 70, 138, 167f.
9 Beschluß des BVerfG vom 4. 6. 1985, E 70, 138, 167f.
10 Vgl. CIC can. 278 ß 1.
11 CIC can. 278 ß 3.
12 CIC can. 287 ß 2.
13 Beschluß des BVerfG vom 17. 2. 1981, E 57, 220, 245 ff.
14 Urteil des BAG vom 14. 2. 1978, AP Nr. 26 zu Art. 9 GG (insoweit
nicht aufgehoben von BVerfGE 57, 220ff.).
15 Beschluß des BVerfG vom 12. 2. 1981, ZevKR 26, 382, 384; Beschluß
des BAG vom 25. 4. 1989, EzA ß 611 BGB Kirchliche Arbeitnehmer
Nr. 28.
16 Vgl. Beschluß der Zentralen Schlichtungsstelle beim Deutschen
Caritasverband vom 8. 5. 1992.
17 Beschluß des BAG vom 25. 4. 1989, EzA ß 611 BGB Kirchliche
Arbeitnehmer Nr. 28.