In dieser Nummer:
- Kommentar zum Deutschen Orden
- Im AVR-Kommentar:
- Die Eingruppierung der Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen
im Fachdienst
- Handy-Bereitschaft
- Einmalzahlung auch für Geringverdiener
Der Kommentar zur Krise des Deutschen Ordens:
Vom Dienen und Verdienen.
Von Wolfgang Becker-Freyseng
Es tue ihm ja so leid - aber dieses Jahr gäbe es weder Dezembergehalt
noch Weihnachtsgeld. So der vormalige Prior Keindl in seinem Weihnachtsbrief
an etwa 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Ordens Ende
November dieses Jahres. Damit bewahrheitete sich, was Insider schon
länger befürchteten: Der erneute Kollaps eines Wohlfahrtskonzerns.
Sie erinnern sich: Der war mit viel Weihrauch, Brimborium und allen
Insignien einer modernen Managerkultur angetreten, es den etablierten
Wohlfahrtskonzernen mal so richtig zu zeigen: Wie man nämlich nicht
nur Gutes tun, sondern damit auch noch so richtig gutes Geld verdienen
könne.
Auf die Idee gebracht hatte die Deutschordensmänner ein anderer
Pionier des caritativen Konzernwesens, ein gewisser Herr Dörfert,
der in Trier seine CTT, die Caritas-Trägergesellschaft-Trier schmiedete.
Mit 250 TDM Anschubfinanzierung aus Dörferts Caritasschatulle gingen
die Deutschordensleute auf Aquisitionskurs, übernahmen hier ein
marodes Krankenhaus, dort ein paar Suchthilfeeinrichtungen oder ein
Altenheim, und vermittelten allen das Gefühl, sie wären bisher
einfach nur zu dumm zum Geldverdienen gewesen. Am Ende konnten sich
die Zauberlehrlinge vor Angeboten kaum mehr retten. Jeder wollte dabei
sein, wenn es galt, seinen lahmen sozialen Gaul in einen Goldesel zu
verwandeln.
Vollmundig berief man sich auf den Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts, die damit verbundenen Befreiung von der Körperschafts-
und Gewerbesteuer und auf die Marktvorteile in Form zinsgünstiger
Kredite. Eine überaus rührige PR-Abteilung sorgte dafür,
dass auch gebührend in die Welt posaunt wurde, was unzweifelhaft
auch an Gutem getan wurde.
Doch gleichzeitig mehrten sich die Anzeichen für beginnenden Finanzschwund.
Zwei Ordensflieger wurden verkauft, die BMW-Flotte der Managerriege
wurde reduziert, und welch' Zufall, bei den Banken häuften sich
die "Überweisungspannen", so dass immer wieder Gehälter verspätet
ausgezahlt wurden. Unerwartet "hohe Anlaufverluste" - so das Management
bis zum Schluss treuherzig, hätten leider die ehrgeizigen Betriebsziele
verhindert.
Irgendwann im Herbst wurde das Geschäftsgebaren des Ordens auch
den treuesten Banken suspekt und sie kündigten die Kredite. Und
dann ging alles nach dem Motto: Rette sein Geld wer kann. Und jetzt
stehen an die 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um den gerechten
Lohn für ihre Arbeit geprellt da.
Wie es scheint, hat der Deutsche Orden das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit
gründlich verspielt. In vielen Einrichtungen sind Absetzbewegungen
zu beobachten. Nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch das
jeweilige Einrichtungsmanagement scheint den Glauben an die oberste
Führungsriege ziemlich verloren zu haben. Und es scheint mehr als
zweifelhaft, ob ein Sanierungsplan, und sei er noch so erfolgsträchtig,
dieses verspielte Vertrauen jemals wieder gewinnen kann. Der Schock
sitzt zu tief.
Eines sollte man sich aber doch fragen: Was macht eigentlich Kirchen-
und Caritasverantwortliche so blindgläubig gegenüber den Versprechungen
und Verlockungen der sogenannten freien Marktwirtschaft? Da wittert
man plötzlich allüberall marktwirtschaftliche Konkurrenz,
der man mit Forderungen nach Lohnabsenkungen begegnen zu müssen
glaubt; da stellt man die absurde Forderung auf, jeder Dienst der Caritas
müsse sich letztlich selbst voll (re-)finanzieren, sonst müsse
man ihn leider einstellen; und wenn man überhaupt am Markt bestehen
wolle, brauche man endlich die leistungsorientierte Vergütung.
Dass das nicht immer hilft, zeigen die Fehlgriffe des leistungsvergüteten
Managements.
Wäre der barmherzige Samariter seinerzeit ein moderner Caritasmanager
gewesen, er hätte erst seinen Rechner gezückt, hätte
die Aufwendungen seiner Hilfsbereitschaft, hätte Gegenleistung
und Refinanzierungsgrad überschlagen - hätte "Fehlinvestition"
gemurmelt und wäre wohl weitergegangen.
Was muss eigentlich noch alles passieren, bis man begreift, dass nur
eine wirtschaftliche und dienende, nicht eine klotzig verdienende Caritas
Zukunft hat? Wahrscheinlich müsste man dem Evangelium mehr als
den Marktwirtschaftlern glauben. Doch wer hat heutzutage schon so einen
starken Glauben? Die Caritas? Man kann es nur hoffen.
Rufbereitschaft
per Handy
Verpflichtet der Dienstgeber seine Beschäftigten, außerhalb
der regelmäßigen Arbeitszeit über Handy erreichbar zu
sein, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen, so hat er für diese
Zeiten die nach AVR vorgesehene Vergütung für Rufbereitschaft
zu zahlen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.6.2000 - 6 AZR 900/98.
Der AVR-Kommentar
Eingruppierung der Sozialpädagogen/innen in Fachdiensten
von Wilderich v. Fürstenberg:
Am 13. Juni 1991 veränderte die Arbeitsrechtliche Kommission (AK)
das Eingruppierungssystem für die Beschäftigten des Sozial-
und Erziehungsdienstes. Deren Tätigkeitsziffern wurden dem Katalog
der Anlage 2 entnommen und in einer neuen Anlage 2d aufgelistet. So
wurde die Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) erleichtert
und übersichtlicher gestaltet. Dabei wurde das Tätigkeitsfeld
der Diplom - Sozialarbeiter/innen, der Diplom - Sozialpädagogen/innen
und der Diplom - Heilpädagogen/innen (im folgenden kurz Sozialpädagogen)
in Abkehr vom Bundesangestellten-tarif (BAT) neu gestaltet und "Fachdienst"
genannt. Die Mitglieder der AK waren überzeugt, der BAT sei, da
er eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe verwendet, zu kompliziert
und den Beschäftigten nicht verständlich zu machen.
Im BAT wird aufbauend auf der sozialpädagogischen Normaltätigkeit
in Vergütungsgruppe Vb/IVb danach differenziert, ob eine schwierige
Tätigkeit wahrgenommen wird, z. B. die Beratung von Suchtmittelabhängigen,
von HIV - Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen, die begleitende
Fürsorge für Heimbewohner und die nachgehende Fürsorge
für ehemalige Heimbewohner, die begleitende Fürsorge für
Strafgefangene und die nachgehende Fürsorge für ehemalige
Strafgefangene oder die Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter
mindestens der Vergütungsgruppe Vb. "Schwierige" Tätigkeiten
eröffnen die Erst- und Dauereingruppierung in Vergütungsgruppe
IVb. Heben sich die Tätigkeiten durch besondere Schwierigkeit und
Bedeutung zu einem Drittel aus den schwierigen Tätigkeiten heraus,
ist die Vergütungsgruppe IVa eröffnet, heben sie sich zur
Hälfte heraus, wird nach Vergütungsgruppen IVa/III eingruppiert.
Nach AVR sind Sozialpädagogen in Fachdiensten in den ersten zwei
Jahren nach der staatlichen Anerkennung in Vergütungsgruppe 5b
eingruppiert und erreichen nach vierjähriger Bewährung in
Vergütungsgruppe 4b die Vergütungsgruppe 4a.
Die Einschätzung der AK, die Verwendung der BAT - Kriterien werde
zu einer Vielzahl von (gerichtlichen) Auseinandersetzungen führen,
hat sich bestätigt. Trotz der gegenüber dem BAT unkomplizierten
Regelung mehren sich im Anwendungsbereich der AVR Fälle, in denen
Dienstgeber bestreiten, ihre Beschäftigten seien in einem Fachdienst
tätig. Hintergrund mögen Refinanzierungsschwierigkeiten sein,
die sich daraus ergeben, dass die AVR - Beschäftigten gegenüber
ihren BAT - Kollegen teilweise besser gestellt sind. Denn häufig
werden Zuschüsse aus öffentlichen Kassen auf der Basis der
BAT - Eingruppierung berechnet. Möglicherweise ist der Grund für
Fehlinterpretationen der AVR aber auch in der schlichten Unkenntnis
der Geschichte des Fachdienstes zu suchen. Blicken wir daher zurück:
Der besonders schwierige Fachdienst
Zunächst hatte die AK die Tätigkeit der Sozialpädagogen
in (normale) Fachdienste und in "besonders schwierige" Fachdienste
aufgeteilt. Vier Dienste waren beispielhaft als besonders schwierig
genannt: die Schwangerschaftskonfliktberatung, der sozialpsychatrische
Dienst, die psychosoziale Beratung und ambulante Behandlung Suchtkranker
und die Adoptiv- und Pflegekindervermittlung. Diese Einteilung führte
zu heillosen Irritationen, zu Verärgerungen und zu Auseinandersetzungen
vor Schlichtungsstellen. Einerseits wollten und konnten die negativ
Betroffenen nicht einsehen, warum gerade sie an einem Arbeitsplatz
beschäftigt
waren, der angeblich keine besonders schwierige und anspruchsvolle
karitative Arbeit verlangte. Andrerseits waren sich die Dienstgeber
von Diözese
zu Diözese uneins darüber, was als besonders schwierig zu
gelten hatte. Hinzu kam, dass die Beratung Suchtkranker nach BAT "nur"
schwierig, nach AVR aber besonders schwierig war. Kurzum, die AVR waren
ihrem Anspruch nicht gerecht geworden, eine klare Regelung zu normieren,
die bundesweit einheitlich zu handhaben war. Als Ausweg wurde im Juni
1992 der Fachdienst mit der bis heute gültigen Aufzählung
von 14 beispielhaft genannten Diensten geschaffen.
Der Fachdienst
Die AK hat den Fachdienst nicht definiert. Fachdienst bedeutet im allgemeinen
Sprachgebrauch eine Laufbahn des militärischen Dienstes außerhalb
des Truppendienstes (so Brockhaus / Wahrig, Deutsches Wörterbuch
1981: Fachdienst). Die genannte Bedeutung ist eher missverständlich,
wenn die Frage zu beantworten ist, was mit Fachdienst bei der Caritas
gemeint sein könnte; denn die Fachdienstler wähnen sich kaum
am Rand oder gar außerhalb des karitativen Dienstleistungsbetriebs;
sie dürften sich eher als die Kern- oder Elitetruppe fühlen.
Dienst im karitativen Sinn bedeutet, dort zu sein und zur Verfügung
zu stehen, wo man gebraucht wird. Wird der Dienst Fachdienst genannt,
könnte eine Spezialisierung wie beim Facharbeiter, der Fachschwester
oder dem Facharzt gefordert sein. Diese naheliegende Interpretation
mag manchen zu der (irrigen) Annahme verleitet haben, der Fachdienst
verlange eine besondere Qualifikation. Das Gegenteil ist richtig. So
weisen Vollmar/Lang bereits 1991 darauf hin, die AK gehe davon aus,
Sozialpädagogen in ambulanten Einrichtungen seien "üblicherweise
in einem sogenannten Fachdienst tätig" (Caritas - Korrespondenz,
Sonderheft I/1991, Seite 27). Diese Aussage darf nicht dahin missverstanden
werden, Fachdienste seien nur ambulant denkbar. Die beiden Kommentatoren,
Hellmut Vollmar als Geschäftsführer der AK und Maria Lang
als Referentin des Referats Arbeitsrecht des Deutschen Caritasverbandes,
gingen im Jahr 1991 möglicherweise noch davon aus, der stationäre
Bereich sei außerhalb des Fachdienstes geregelt. Diese Auffassung
traf vielleicht auf den "besonders schwierigen" Fachdienst zu. Sie war
aber nicht mehr haltbar, nachdem die AK die 14 Beispielsfälle in
der AK - Sitzung vom 25. Juni 1992 aufgelistet hatte. Vollmar stellte
dies in Caritas - Korrespondenz 1992, Heft 9, Seite 7 ausdrücklich
klar: Er verweist darauf, die Hilfen für Suchtkranke und für
psychisch Kranke würden nach den Beispielsfällen stationär
oder ambulant erbracht. Der Fachdienst sei nicht auf ambulante Dienste
beschränkt, sondern umfasse auch Dienste in stationären Einrichtungen.
Es gebe noch zahlreiche andere nicht genannte Dienste, die das Merkmal
Fachdienst erfüllen.
Die Bedeutung des Beispielskatalogs in Hochziffer 12
Der Begriff Fachdienst ist gewählt worden, weil die Vielfalt karitativer
Aufgaben eine vollständige und in sich abgeschlossene tarifliche
Erfassung unmöglich macht. Daher wird der Fachdienst näher
erläutert, indem in Ziffer 12 der Anmerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen
der Anlage 2d Beispiele genannt werden. Er umfasst nicht die sozialpädagogischen
Tätigkeiten in der Erziehungs-, Behinderten- und Gefährdetenhilfe,
die in Anlage 2d speziell anderen Tätigkeitsziffern zugeordnet
sind, beispielsweise die Gruppenleitung. Soweit der Beispielskatalog
für Fachdienste die Tätigkeit in ambulanten und stationären
Einrich-tungen nennt, ist damit nicht gemeint, es müssten kumulativ
2 Arbeitsstellen vorliegen. Nach Sinn und Zweck der Beispiele muss die
Tätigkeit entweder ambulant oder stationär ausgeübt werden
(vgl. BAG vom 4.5.88 - 4 AZR 728/87).
Mit der tariflichen Gleichstellung ambulanter und stationärer
Hilfen wird einer Entwicklung in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik
Rechnung getragen, die neben stationären Hilfen vermehrt ambulante
Hilfen zur Verfügung stellt. So sind beispielsweise die Beratung
von an AIDS erkrankten Personen oder die Straffälligenhilfe
gleichermaßen
in ambulanten Beratungsstellen wie in stationären Einrichtungen
vorstellbar. Das LAG Düsseldorf sah daher keine Schwierigkeiten,
die Jugendschutzstelle eines Mädchenheimes als Fachdienst im
Sinne der Anlage 2d zu betrachten (05.01.95 - 12 Sa 1649/94).
Da der Allgemeine Soziale Dienst und die Gemeindecaritas unter den
Beispielen zu finden sind, wird deutlich gemacht, dass keine fachspezifischen
Tätigkeiten gefordert sind. Die Beispielstätigkeiten weisen
lediglich darauf hin, dass Tätigkeiten im Fachdienst eine gewisse
Wertigkeit und Qualität aufweisen. Nach zweijähriger Berufstätigkeit
werden gesteigerte Kenntnisse und Erfahrungen der dort Tätigen
unterstellt und mit der Vergütungsgruppe 4b honoriert. Freilich
gilt, dass Dienste mit speziellem Aufgabenkreis erst recht zu
den Fachdiensten gerechnet werden müssen, wenn schon Betätigungsfelder
mit breitem Aufgabenspektrum dazugehören. Dementsprechend
hat die AK in der Sitzung am 25. Juni 1992 erwogen, die Schwangerschaftskonfliktberatung
nicht in den Beispielskatalog aufzunehmen, weil durch die Aufnahme
des Allgemeinen Sozialen Dienstes klar sei, dass jeder Dienst
der Caritas unter die Anmerkung Nr. 12 subsumiert werde (so die
Sitzungsniederschrift Seite 10). Aus Gründen des "besseren
Verständnisses" einigte
man sich jedoch darauf, die Schwangerschaftskonfliktberatung im Beispielskatalog
zu belassen.
Zur weiteren Verdeutlichung wurde die Niederschrift der AK - Sitzung
vom 25. Juni 1992 am 22. Oktober 1992 dahin ergänzt, beide Seiten
der Kommission seien sich einig, dass "Sozialarbeit / Sozialpädagogik
in der Caritas grundsätzlich Arbeit in Fachdiensten ist. Demzufolge
ist nach den Arbeitsvertragsrichtlinien ein Aufstieg in die Vergütungsgruppe
4a für.......... Sozialpädagogen der Regelfall".
Berufen sich Dienstgeber zur Abwehr von Vergütungsansprüchen
lediglich darauf, ein bestimmter Fachdienst sei in den Beispielskatalog
nicht aufgenommen, werden sie in einem Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren
in unterliegen. Die Ansprüche von Mitarbeiter/innen, die in einem
nicht ausdrücklich genannten Bereich tätig sind, sind im allgemeinen
aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründet.
Die AVR legen einheitlich die Arbeitsbedingungen der Sozialpädagogen
fest. Die AVR sind damit ein abstrakt generalisierendes Vergütungssystem,
das seine Anwender verpflichtet, miteinander vergleichbare Arbeitnehmer
auch gleich zu vergüten (vgl. BAG 19.8.1992, 5 AZR 513/91, AP Nr.
102 zu § 222 BGB Gleichbehandlung). Es ist angesichts des umfassenden
Beispielskatalogs Sache des Dienstgebers, anzugeben und nachzuweisen,
welche Kriterien eine Schlechterstellung in der Vergütung rechtfertigen
sollen (vgl. Schlichtungsstelle DiCV Köln, 17.2.94).
Der Allgemeine Soziale Dienst im Krankenhaus ist schon häufig
Gegenstand von Eingruppierungsstreitigkeiten gewesen. Der Dienst ist
als Fachdienst anzusehen, wenn dort die einschlägigen Berufsgruppen
sozialpädagogische Arbeit leisten. Denn "das Spektrum der im
Krankenhaus - Sozialdienst zu erfüllenden Aufgaben ist weit
gefasst. Eingeschlossen sind Tätigkeiten der verschiedensten
Art, auch solche, die fachabteilungsübergreifend
sind. Es ist kein Grund ersichtlich, eine solche Tätigkeit geringer
zu bewerten als die unter Anmerkung 12 aufgeführten speziellen
Aufgabenbereiche" ( so die Schlichtungsstelle des Caritasverbandes
für
die Diözese Trier am 22. Dezember 1997). Ähnliches gilt für
den gruppenübergreifenden Dienst in Einrichtungen der Altenhilfe.
In beiden Fällen kann allenfalls die konkrete Ausgestaltung
des Dienstes in Ausnahmefällen dazu führen, Fachdiensttätigkeit
zu verneinen, sofern beispielsweise bewegungstherapeutische oder
pflegerische Tätigkeitsinhalte überwiegen.
Ausnahmen
Nicht alle Tätigkeiten, die ein Sozialpädagoge bei der Caritas
wahrnimmt, werden in einem Fachdienst geleistet. Hier sind an erster
Stelle die Tätigkeiten im Gruppendienst einer Einrichtung der
Erziehungs-, Behinderten- oder Gefährdetenhilfe zu nennen. Diese
Tätigkeiten
erfüllen das tarifliche Merkmal Fachdienst nicht. Die Begründung
ergibt sich daraus, dass den Sozialpädagogen die Tätigkeit
der Gruppenleitung zugewiesen ist (siehe z. B. Vergütungsgruppe
4b Tätigkeitsziffer 24). Infolgedessen handelt es sich - tariflich
ausgedrückt - bei Tätigkeiten in der Gruppe nicht mehr
um ein der sozialpädagogischen Ausbildung entsprechendes
Aufgabenfeld, salopp formuliert: Verkaufen sich Sozialpädagogen
unter Wert, müssen
sie eine geringere Vergütung in Kauf nehmen.
In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, ein Sozialpädagoge
im Gruppendienst der Erziehungsgruppe eines Jugendheimes mit verhaltensauffälligen
männlichen Jugendlichen und jungen Männern übe keine
seinem Berufsbild entsprechende Tätigkeit aus (BAG 5.3.97 - 4 AZR
373/95 - ZTR 97,368). Ebensowenig leiste ein Arbeitserzieher in der
Arbeits- und Beschäftigungstherapie Sozialarbeit im tariflichen
Sinne (BAG 14.6.95 - 4 AZR 250/94 - ZTR 96,69). Die Schlichtungsstelle
im Erzbistum Freiburg hat festgestellt, eine diplomierte Sozialpädagogin
im Erziehungsdienst des Wohngruppenbereichs eines Heimes für geistig
Behinderte verrichte keine dem Berufsbild entsprechende Tätigkeit
(13.2.96 - 1995/5).
Erzieher/innen im Fachdienst
Kompliziert gestaltet sich die Frage nach der korrekten Eingruppierung,
wenn Erzieher/innen für sich in Anspruch nehmen, als Sozialpädagogen
im Fachdienst tätig und nach Abschnitt Ic der Anlage 1 (eine Gruppe
niedriger) eingruppiert zu sein. Das BAG hat ausgeführt, die Tätigkeiten
von Erziehern und Sozialarbeitern wiesen weitreichende Gemeinsamkeiten
auf und überschnitten sich in breiten Tätigkeitsfeldern. Die
Tätigkeit des Sozialpädagogen sei stärker konzeptionell
geprägt und habe ihren Schwerpunkt darin, durch Veränderung
des Menschen, seiner Lebenslage und Lebensqualität Fehlentwicklungen
zu bekämpfen. Demgegenüber werde bei der Tätigkeit des
Erziehers größeres Gewicht auf ausführende Aufgaben
fürsorgerischer und bewahrender Natur gelegt. Die Eingruppierung
richte sich nach der Tätigkeit, die der Gesamttätigkeit das
Gepräge gebe (BAG 26.7.95 - 4 AZR 318/94 - ZTR 96,25). Es ist also
nicht so, dass bei Mischtätigkeit grundsätzlich auf sozialpädagogische
Tätigkeit (Fachdienst) abzustellen ist. Vielmehr kommt es darauf
an, welche Tätigkeiten im Überschneidungsbereich nach dem
Schwerpunkt der beiden Berufsbilder vorrangig dem einen und erst in
zweiter Linie dem anderen Beruf zuzuordnen sind. Konkret: Nur der Erzieher,
der sozialpädagogische Tätigkeitsinhalte verwirklicht, ist
im Fachdienst eingruppiert. Dabei berücksichtigt die Vergütungsordnung,
dass er die Aufgaben nicht so optimal erledigt wie der Sozialpädagoge
und weist ihm daher eine niedrigere Vergütungsgruppe zu.
Leitung des Fachdienstes
Herausgehoben sind diejenigen, denen die Leitung eines Fachdienstes
ausdrücklich übertragen ist (Vergütungsgruppen 4a/3).
Unter Leitung ist eine Verbindung von Aufgaben planerischer, organisatorischer,
anweisender, koordinierender und kontrollierender Art zu verstehen.
Der Dienstgeber selbst muss die Leitung ausdrücklich übertragen
haben oder jemand, der befugt ist, die mit der Leitungsübertragung
verbundene Änderung des Dienstvertrages vorzunehmen. Behaupten
Mitarbeiter/innen, aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse
einen Fachdienst zu leiten, ist das Merkmal der ausdrücklichen
Aufgabenübertragung nicht erfüllt.
Viele Diözesanverbände haben sich darauf verständigt,
die Leitung von Fachdiensten schriftlich zu übertragen. Diese
Festlegung bedeutet aber nicht, ohne schriftliche Anweisung gebe
es keine Fachdienstleitung. Die nach den AVR erforderliche ausdrückliche
Anordnung kann auch mündlich erfolgt sein, sie kann unmittelbar
gegenüber dem
Leiter erklärt sein, sich in einem Zwischenzeugnis finden oder
sie kann sich aus einer Dienstanweisung oder aus einem Geschäfts-
oder Organisati-onsplan ergeben.
In der Praxis werden Einzelpersonen selten dazu bestellt, "sich selbst"
zu leiten. Im allgemeinen wird wohl weiteres Fachpersonal unterstellt
werden (vgl. Niederschrift der AK - Sitzung vom 13.6.91 Seite 17/18).
Das ist freilich kein Grund, anzunehmen, das Merkmal Fachdienstleitung
könne nur erfüllt sein, wenn weiteres Fachpersonal unterstellt
ist. Die Arbeitsvertragsrichtlinien legen an vielen Stellen fest, ab
welcher Anzahl unterstellter Kräfte eine bestimmte Eingruppierung
oder Höhergruppierung eintritt. Da die AK in Kenntnis dieser tariflichen
Wirklichkeit davon abgesehen hat, für die Fachdienstleitung eindeutige
Zahlen festzulegen, kann das Fehlen unterstellter Personen nicht dazu
führen, das Eingruppierungsmerkmal Leitung des Fachdienstes zu
verneinen, sofern die ausdrückliche Übertragung unstrittig
ist, (so die Zentrale Schlichtungsstelle beim Deutschen Caritasverband
in ihren Entscheidungen vom 31. 3. und 13. 7. 1992).
Umgekehrt ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Dienstgeber trotz
faktisch vorliegender Führungsrolle einzelner Sozialpädagogen,
die von den übrigen Beschäftigten toleriert oder gar akzeptiert
wird, davon absieht, ausdrücklich eine Leitung zu installieren.
Eine derartige Handhabung unterstreicht, dass Sozialarbeit heutzutage
vielfach teamorientiert geleistet wird. Andrerseits können sich
Dienstgeber selbstverständlich dafür entscheiden, erst
ab einer gewissen Kopfzahl Fachdienstleitungen vorzusehen. Das
ist tarifkonform, weil die AVR hinsichtlich des Fachdienstes keine
Hierarchieordnung vorgeben. Alle Versuche der Dienstnehmerseite,
eine Fachdiensthierarchie zu verankern, indem für die Leitung
eines "großen Fachdienstes" Tätigkeitsmerkmale
in Anlage 2d eingefügt werden, sind gescheitert.
Einmalzahlung 2000 auch für geringfügig
Beschäftigte
von Wilderich v. Fürstenberg
Als die AK am 13. September 2000 den Tarifabschluss des Öffentlichen
Dienstes übernahm, hat sie keine ausdrückliche Regelung darüber
getroffen, ob die nach Anlage 18 geringfügig beschäftigten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Einmalzahlung für die Monate
April bis Juli 2000 erhalten.
Gemäß § 3 Abs.(1) der Anlage 18 setzt sich die Vergütung
aus der Grundvergütung, dem Ortszuschlag und der Allgemeinen Zulage
(Anlage 10) zusammen. § 3 der Anlage 18 verweist nicht auf Abschnitt
IIIa der Anlage 1, der die Einmalzahlung regelt. Daher steht den geringfügig
Beschäftigten bei wortgetreuer Anwendung der AVR die Einmalzahlung
nicht zu.
Der Personenkreis derer, die einen Arbeitsvertrag nach Anlage 18 haben,
besteht weit überwiegend aus Frauen. In aller Regel ist der Frauenanteil
bei "Anlage -18 -Beschäftigten" größer als der schon
traditionell hohe Anteil weiblicher Beschäftigter bei der Caritas.
Werden die nach Anlage 18 Beschäftigten von Zahlungen ausgeschlossen,
die den übrigen AVR &endash; Beschäftigten gezahlt werden,
so liegt darin eine Abweichung von dem Gebot "gleicher Lohn für
gleiche Arbeit für Männer und Frauen".
Für diese tarifliche Abweichung (Minderzahlung) sind keine nachvollziehbaren
Gründe erkennbar. Trifft der Verstoß gegen das Gleichheitsgebot
im Ergebnis mehr Frauen als Männer, liegt darin eine unzulässige
mittelbare Diskriminierung.
Die Diskriminierung wird dadurch beseitigt, dass den nach Anlage 18
Beschäftigten ebenfalls ein Anspruch auf die Einmalzahlung zugestanden
wird (siehe Urteil des EuGH vom 9.9.1999 C 281/97 in NZA 99, 1151).
Diesen Hinweis sind wir unseren Lesern schuldig, da zu befürchten
ist, dass einige Dienstgeber das Urteil des Europäischen Gerichtshofes
nicht beachten werden. Sie berufen sich darauf, Anlage 18 sei in ihrem
Wortlaut doch gar nicht verändert worden, die AK habe folglich
keinen diskriminierenden Beschluss gefasst. Diese Argumentation verschweigt
geflissentlich, dass die von der Dienstnehmerseite beantragte Änderung
der Anlage 18 daran scheiterte, dass die Dienstgeberseite in der Arbeitsrechtlichen
Kommission ihre Zustimmung verweigerte.
Die von der AK durch Beschluss vom 13. September 2000 geschaffene Rechtslage
ist nahezu identisch mit derjenigen, die dem Europäischen Gerichtshof
zur Entscheidung vorlag.
Dort war der erfolgreich klagenden Krankenschwester der Anspruch auf
die Einmalzahlung Weihnachtsgeld abgeschnitten, weil geringfügig
Beschäftigte vom Geltungsbereich des BAT ausgeschlossen sind. Durch
den Ausschuss vom BAT werden sie auch vom Zuwendungstarifvertrag (Anspruch
auf Weihnachtsgeld) nicht erfasst. Die AVR erfassen zwar die geringfügig
Beschäftigten, schließen sie aber in Anlage 18 von der Einmalzahlung
aus.
Die Ausgangslage für die nach AVR geringfügig Beschäftigten
ist damit dieselbe wie die Ausgangslage der Krankenschwester in dem
BAT &endash; Fall: Keine Einmalzahlung!!
Durch die Unterzeichnung des Dienstvertrages haben die diskriminierten
Frauen zwar formal ihr Einverständnis erklärt, nach Anlage
18 bezahlt und von der Einmalzahlung ausgeschlossen zu werden. Dadurch
wird die Diskriminierung aber nicht beseitigt. Infolgedessen können
auch die rechtlich zu ziehenden Konsequenzen nicht anders sein als oben
dargelegt: Die Betroffenen haben einen anteiligen Anspruch auf die Einmalzahlung
2000.
Das mit dem Urteil des EuGH geschaffene europäische Recht verdrängt
nicht nur entgegenstehende nationale Tarifnormen wie den BAT, sondern
auch die Regelungen, die von der AK unter Berufung auf die kirchliche
Selbstverwaltungsgarantie in Anlage 18 geschaffen wurden. Denn der Dritte
Weg ist denselben europarechtlichen Begrenzungen unterworfen, wie sie
auch bei Tarifverträgen eingreifen können. Da Anlage 18 keine
kirchenspezifischen Inhalte regelt, kommt eine Ausnahme nicht in Betracht.
Bei der Einmalzahlung für geringfügig Beschäftigte geht
es zwar nur um Beträge zwischen etwa 40 und 100 Mark. Gleichwohl
empfehlen wir den Betroffenen dringend, ihre Ansprüche innerhalb
der Ausschlussfrist schriftlich geltend zu machen (§ 23 Absatz
1 AVR). Die Ausschlussfrist beginnt mit Veröffentlichung der AK-Beschlüsse
im kirchlichen Amtsblatt - etwa Oktober 2000 - und endet sechs Monate
später. Weigern sich Dienstgeber, die Einmalzahlung zu gewähren,
ist der Weg zu den Schlichtungsstellen und Arbeitsgerichten frei.
Sie helfen mit jedem Verfahren, die Anlage 18 abzuschaffen. Dafür
herzlichen Dank.
Beratungspflicht des Dienstgebers bei vorzeitigem
Ausscheiden
Über die finanziellen Auswirkungen eines vorzeitigen Abschieds
muss der Dienstgeber Sie aufklären. Dabei darf er Sie wegen der
genauen Höhe der zu erwartenden Einbußen an die Zusatzversorgungskasse
bzw. an das Arbeitsamt verweisen.
Falls Ihr Arbeitsverhältnis z.B. mehr als einen Tag vor Beginn
einer gesetzlichen Rente endet, riskieren Sie erhebliche finanzielle
Einbußen, wenn Sie statt der Versorgungs- nur die Versicherungsrente
bekommen. Das können im Einzelfall durchaus mehrere hundert Mark
pro Monat sein. Unterschreiben Sie daher keinen Aufhebungsvertrag, bevor
Sie sich nicht bis ins Detail mit allen finanziellen Auswirkungen Ihrer
Unterschrift auseinandergesetzt haben. Darauf zu hoffen, dass sich Ihr
Dienstgeber durch schlechte Beratung in Höhe Ihres Verlustes schadenersatzpflichtig
macht, könnte sich trotz Beratungspflicht als trügerisch erweisen.
(BAG 17.10.2000 -AZR 605/98) wbf