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AK-Magazin Nr. 16 - Januar 2001


In dieser Nummer:
  • Kommentar zum Deutschen Orden
  • Im AVR-Kommentar:
  • Die Eingruppierung der Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen im Fachdienst
  • Handy-Bereitschaft
  • Einmalzahlung auch für Geringverdiener

 

Der Kommentar zur Krise des Deutschen Ordens:

Vom Dienen und Verdienen.

Von Wolfgang Becker-Freyseng

Es tue ihm ja so leid - aber dieses Jahr gäbe es weder Dezembergehalt noch Weihnachtsgeld. So der vormalige Prior Keindl in seinem Weihnachtsbrief an etwa 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Ordens Ende November dieses Jahres. Damit bewahrheitete sich, was Insider schon länger befürchteten: Der erneute Kollaps eines Wohlfahrtskonzerns.

Sie erinnern sich: Der war mit viel Weihrauch, Brimborium und allen Insignien einer modernen Managerkultur angetreten, es den etablierten Wohlfahrtskonzernen mal so richtig zu zeigen: Wie man nämlich nicht nur Gutes tun, sondern damit auch noch so richtig gutes Geld verdienen könne.

Auf die Idee gebracht hatte die Deutschordensmänner ein anderer Pionier des caritativen Konzernwesens, ein gewisser Herr Dörfert, der in Trier seine CTT, die Caritas-Trägergesellschaft-Trier schmiedete. Mit 250 TDM Anschubfinanzierung aus Dörferts Caritasschatulle gingen die Deutschordensleute auf Aquisitionskurs, übernahmen hier ein marodes Krankenhaus, dort ein paar Suchthilfeeinrichtungen oder ein Altenheim, und vermittelten allen das Gefühl, sie wären bisher einfach nur zu dumm zum Geldverdienen gewesen. Am Ende konnten sich die Zauberlehrlinge vor Angeboten kaum mehr retten. Jeder wollte dabei sein, wenn es galt, seinen lahmen sozialen Gaul in einen Goldesel zu verwandeln.

Vollmundig berief man sich auf den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die damit verbundenen Befreiung von der Körperschafts- und Gewerbesteuer und auf die Marktvorteile in Form zinsgünstiger Kredite. Eine überaus rührige PR-Abteilung sorgte dafür, dass auch gebührend in die Welt posaunt wurde, was unzweifelhaft auch an Gutem getan wurde.

Doch gleichzeitig mehrten sich die Anzeichen für beginnenden Finanzschwund. Zwei Ordensflieger wurden verkauft, die BMW-Flotte der Managerriege wurde reduziert, und welch' Zufall, bei den Banken häuften sich die "Überweisungspannen", so dass immer wieder Gehälter verspätet ausgezahlt wurden. Unerwartet "hohe Anlaufverluste" - so das Management bis zum Schluss treuherzig, hätten leider die ehrgeizigen Betriebsziele verhindert.

Irgendwann im Herbst wurde das Geschäftsgebaren des Ordens auch den treuesten Banken suspekt und sie kündigten die Kredite. Und dann ging alles nach dem Motto: Rette sein Geld wer kann. Und jetzt stehen an die 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um den gerechten Lohn für ihre Arbeit geprellt da.

Wie es scheint, hat der Deutsche Orden das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit gründlich verspielt. In vielen Einrichtungen sind Absetzbewegungen zu beobachten. Nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch das jeweilige Einrichtungsmanagement scheint den Glauben an die oberste Führungsriege ziemlich verloren zu haben. Und es scheint mehr als zweifelhaft, ob ein Sanierungsplan, und sei er noch so erfolgsträchtig, dieses verspielte Vertrauen jemals wieder gewinnen kann. Der Schock sitzt zu tief.

Eines sollte man sich aber doch fragen: Was macht eigentlich Kirchen- und Caritasverantwortliche so blindgläubig gegenüber den Versprechungen und Verlockungen der sogenannten freien Marktwirtschaft? Da wittert man plötzlich allüberall marktwirtschaftliche Konkurrenz, der man mit Forderungen nach Lohnabsenkungen begegnen zu müssen glaubt; da stellt man die absurde Forderung auf, jeder Dienst der Caritas müsse sich letztlich selbst voll (re-)finanzieren, sonst müsse man ihn leider einstellen; und wenn man überhaupt am Markt bestehen wolle, brauche man endlich die leistungsorientierte Vergütung. Dass das nicht immer hilft, zeigen die Fehlgriffe des leistungsvergüteten Managements.

Wäre der barmherzige Samariter seinerzeit ein moderner Caritasmanager gewesen, er hätte erst seinen Rechner gezückt, hätte die Aufwendungen seiner Hilfsbereitschaft, hätte Gegenleistung und Refinanzierungsgrad überschlagen - hätte "Fehlinvestition" gemurmelt und wäre wohl weitergegangen.

Was muss eigentlich noch alles passieren, bis man begreift, dass nur eine wirtschaftliche und dienende, nicht eine klotzig verdienende Caritas Zukunft hat? Wahrscheinlich müsste man dem Evangelium mehr als den Marktwirtschaftlern glauben. Doch wer hat heutzutage schon so einen starken Glauben? Die Caritas? Man kann es nur hoffen.


Rufbereitschaft per Handy

Verpflichtet der Dienstgeber seine Beschäftigten, außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit über Handy erreichbar zu sein, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen, so hat er für diese Zeiten die nach AVR vorgesehene Vergütung für Rufbereitschaft zu zahlen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.6.2000 - 6 AZR 900/98.


Der AVR-Kommentar

Eingruppierung der Sozialpädagogen/innen in Fachdiensten

von Wilderich v. Fürstenberg:

Am 13. Juni 1991 veränderte die Arbeitsrechtliche Kommission (AK) das Eingruppierungssystem für die Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes. Deren Tätigkeitsziffern wurden dem Katalog der Anlage 2 entnommen und in einer neuen Anlage 2d aufgelistet. So wurde die Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) erleichtert und übersichtlicher gestaltet. Dabei wurde das Tätigkeitsfeld der Diplom - Sozialarbeiter/innen, der Diplom - Sozialpädagogen/innen und der Diplom - Heilpädagogen/innen (im folgenden kurz Sozialpädagogen) in Abkehr vom Bundesangestellten-tarif (BAT) neu gestaltet und "Fachdienst" genannt. Die Mitglieder der AK waren überzeugt, der BAT sei, da er eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe verwendet, zu kompliziert und den Beschäftigten nicht verständlich zu machen.

Im BAT wird aufbauend auf der sozialpädagogischen Normaltätigkeit in Vergütungsgruppe Vb/IVb danach differenziert, ob eine schwierige Tätigkeit wahrgenommen wird, z. B. die Beratung von Suchtmittelabhängigen, von HIV - Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen, die begleitende Fürsorge für Heimbewohner und die nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner, die begleitende Fürsorge für Strafgefangene und die nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene oder die Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe Vb. "Schwierige" Tätigkeiten eröffnen die Erst- und Dauereingruppierung in Vergütungsgruppe IVb. Heben sich die Tätigkeiten durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung zu einem Drittel aus den schwierigen Tätigkeiten heraus, ist die Vergütungsgruppe IVa eröffnet, heben sie sich zur Hälfte heraus, wird nach Vergütungsgruppen IVa/III eingruppiert.

Nach AVR sind Sozialpädagogen in Fachdiensten in den ersten zwei Jahren nach der staatlichen Anerkennung in Vergütungsgruppe 5b eingruppiert und erreichen nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe 4b die Vergütungsgruppe 4a.

Die Einschätzung der AK, die Verwendung der BAT - Kriterien werde zu einer Vielzahl von (gerichtlichen) Auseinandersetzungen führen, hat sich bestätigt. Trotz der gegenüber dem BAT unkomplizierten Regelung mehren sich im Anwendungsbereich der AVR Fälle, in denen Dienstgeber bestreiten, ihre Beschäftigten seien in einem Fachdienst tätig. Hintergrund mögen Refinanzierungsschwierigkeiten sein, die sich daraus ergeben, dass die AVR - Beschäftigten gegenüber ihren BAT - Kollegen teilweise besser gestellt sind. Denn häufig werden Zuschüsse aus öffentlichen Kassen auf der Basis der BAT - Eingruppierung berechnet. Möglicherweise ist der Grund für Fehlinterpretationen der AVR aber auch in der schlichten Unkenntnis der Geschichte des Fachdienstes zu suchen. Blicken wir daher zurück:

 

Der besonders schwierige Fachdienst

Zunächst hatte die AK die Tätigkeit der Sozialpädagogen in (normale) Fachdienste und in "besonders schwierige" Fachdienste aufgeteilt. Vier Dienste waren beispielhaft als besonders schwierig genannt: die Schwangerschaftskonfliktberatung, der sozialpsychatrische Dienst, die psychosoziale Beratung und ambulante Behandlung Suchtkranker und die Adoptiv- und Pflegekindervermittlung. Diese Einteilung führte zu heillosen Irritationen, zu Verärgerungen und zu Auseinandersetzungen vor Schlichtungsstellen. Einerseits wollten und konnten die negativ Betroffenen nicht einsehen, warum gerade sie an einem Arbeitsplatz beschäftigt waren, der angeblich keine besonders schwierige und anspruchsvolle karitative Arbeit verlangte. Andrerseits waren sich die Dienstgeber von Diözese zu Diözese uneins darüber, was als besonders schwierig zu gelten hatte. Hinzu kam, dass die Beratung Suchtkranker nach BAT "nur" schwierig, nach AVR aber besonders schwierig war. Kurzum, die AVR waren ihrem Anspruch nicht gerecht geworden, eine klare Regelung zu normieren, die bundesweit einheitlich zu handhaben war. Als Ausweg wurde im Juni 1992 der Fachdienst mit der bis heute gültigen Aufzählung von 14 beispielhaft genannten Diensten geschaffen.

 

Der Fachdienst

Die AK hat den Fachdienst nicht definiert. Fachdienst bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch eine Laufbahn des militärischen Dienstes außerhalb des Truppendienstes (so Brockhaus / Wahrig, Deutsches Wörterbuch 1981: Fachdienst). Die genannte Bedeutung ist eher missverständlich, wenn die Frage zu beantworten ist, was mit Fachdienst bei der Caritas gemeint sein könnte; denn die Fachdienstler wähnen sich kaum am Rand oder gar außerhalb des karitativen Dienstleistungsbetriebs; sie dürften sich eher als die Kern- oder Elitetruppe fühlen.

Dienst im karitativen Sinn bedeutet, dort zu sein und zur Verfügung zu stehen, wo man gebraucht wird. Wird der Dienst Fachdienst genannt, könnte eine Spezialisierung wie beim Facharbeiter, der Fachschwester oder dem Facharzt gefordert sein. Diese naheliegende Interpretation mag manchen zu der (irrigen) Annahme verleitet haben, der Fachdienst verlange eine besondere Qualifikation. Das Gegenteil ist richtig. So weisen Vollmar/Lang bereits 1991 darauf hin, die AK gehe davon aus, Sozialpädagogen in ambulanten Einrichtungen seien "üblicherweise in einem sogenannten Fachdienst tätig" (Caritas - Korrespondenz, Sonderheft I/1991, Seite 27). Diese Aussage darf nicht dahin missverstanden werden, Fachdienste seien nur ambulant denkbar. Die beiden Kommentatoren, Hellmut Vollmar als Geschäftsführer der AK und Maria Lang als Referentin des Referats Arbeitsrecht des Deutschen Caritasverbandes, gingen im Jahr 1991 möglicherweise noch davon aus, der stationäre Bereich sei außerhalb des Fachdienstes geregelt. Diese Auffassung traf vielleicht auf den "besonders schwierigen" Fachdienst zu. Sie war aber nicht mehr haltbar, nachdem die AK die 14 Beispielsfälle in der AK - Sitzung vom 25. Juni 1992 aufgelistet hatte. Vollmar stellte dies in Caritas - Korrespondenz 1992, Heft 9, Seite 7 ausdrücklich klar: Er verweist darauf, die Hilfen für Suchtkranke und für psychisch Kranke würden nach den Beispielsfällen stationär oder ambulant erbracht. Der Fachdienst sei nicht auf ambulante Dienste beschränkt, sondern umfasse auch Dienste in stationären Einrichtungen. Es gebe noch zahlreiche andere nicht genannte Dienste, die das Merkmal Fachdienst erfüllen.

 

Die Bedeutung des Beispielskatalogs in Hochziffer 12

Der Begriff Fachdienst ist gewählt worden, weil die Vielfalt karitativer Aufgaben eine vollständige und in sich abgeschlossene tarifliche Erfassung unmöglich macht. Daher wird der Fachdienst näher erläutert, indem in Ziffer 12 der Anmerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 2d Beispiele genannt werden. Er umfasst nicht die sozialpädagogischen Tätigkeiten in der Erziehungs-, Behinderten- und Gefährdetenhilfe, die in Anlage 2d speziell anderen Tätigkeitsziffern zugeordnet sind, beispielsweise die Gruppenleitung. Soweit der Beispielskatalog für Fachdienste die Tätigkeit in ambulanten und stationären Einrich-tungen nennt, ist damit nicht gemeint, es müssten kumulativ 2 Arbeitsstellen vorliegen. Nach Sinn und Zweck der Beispiele muss die Tätigkeit entweder ambulant oder stationär ausgeübt werden (vgl. BAG vom 4.5.88 - 4 AZR 728/87).

Mit der tariflichen Gleichstellung ambulanter und stationärer Hilfen wird einer Entwicklung in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik Rechnung getragen, die neben stationären Hilfen vermehrt ambulante Hilfen zur Verfügung stellt. So sind beispielsweise die Beratung von an AIDS erkrankten Personen oder die Straffälligenhilfe gleichermaßen in ambulanten Beratungsstellen wie in stationären Einrichtungen vorstellbar. Das LAG Düsseldorf sah daher keine Schwierigkeiten, die Jugendschutzstelle eines Mädchenheimes als Fachdienst im Sinne der Anlage 2d zu betrachten (05.01.95 - 12 Sa 1649/94).

Da der Allgemeine Soziale Dienst und die Gemeindecaritas unter den Beispielen zu finden sind, wird deutlich gemacht, dass keine fachspezifischen Tätigkeiten gefordert sind. Die Beispielstätigkeiten weisen lediglich darauf hin, dass Tätigkeiten im Fachdienst eine gewisse Wertigkeit und Qualität aufweisen. Nach zweijähriger Berufstätigkeit werden gesteigerte Kenntnisse und Erfahrungen der dort Tätigen unterstellt und mit der Vergütungsgruppe 4b honoriert. Freilich gilt, dass Dienste mit speziellem Aufgabenkreis erst recht zu den Fachdiensten gerechnet werden müssen, wenn schon Betätigungsfelder mit breitem Aufgabenspektrum dazugehören. Dementsprechend hat die AK in der Sitzung am 25. Juni 1992 erwogen, die Schwangerschaftskonfliktberatung nicht in den Beispielskatalog aufzunehmen, weil durch die Aufnahme des Allgemeinen Sozialen Dienstes klar sei, dass jeder Dienst der Caritas unter die Anmerkung Nr. 12 subsumiert werde (so die Sitzungsniederschrift Seite 10). Aus Gründen des "besseren Verständnisses" einigte man sich jedoch darauf, die Schwangerschaftskonfliktberatung im Beispielskatalog zu belassen.

Zur weiteren Verdeutlichung wurde die Niederschrift der AK - Sitzung vom 25. Juni 1992 am 22. Oktober 1992 dahin ergänzt, beide Seiten der Kommission seien sich einig, dass "Sozialarbeit / Sozialpädagogik in der Caritas grundsätzlich Arbeit in Fachdiensten ist. Demzufolge ist nach den Arbeitsvertragsrichtlinien ein Aufstieg in die Vergütungsgruppe 4a für.......... Sozialpädagogen der Regelfall".

Berufen sich Dienstgeber zur Abwehr von Vergütungsansprüchen lediglich darauf, ein bestimmter Fachdienst sei in den Beispielskatalog nicht aufgenommen, werden sie in einem Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren in unterliegen. Die Ansprüche von Mitarbeiter/innen, die in einem nicht ausdrücklich genannten Bereich tätig sind, sind im allgemeinen aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründet. Die AVR legen einheitlich die Arbeitsbedingungen der Sozialpädagogen fest. Die AVR sind damit ein abstrakt generalisierendes Vergütungssystem, das seine Anwender verpflichtet, miteinander vergleichbare Arbeitnehmer auch gleich zu vergüten (vgl. BAG 19.8.1992, 5 AZR 513/91, AP Nr. 102 zu § 222 BGB Gleichbehandlung). Es ist angesichts des umfassenden Beispielskatalogs Sache des Dienstgebers, anzugeben und nachzuweisen, welche Kriterien eine Schlechterstellung in der Vergütung rechtfertigen sollen (vgl. Schlichtungsstelle DiCV Köln, 17.2.94).

Der Allgemeine Soziale Dienst im Krankenhaus ist schon häufig Gegenstand von Eingruppierungsstreitigkeiten gewesen. Der Dienst ist als Fachdienst anzusehen, wenn dort die einschlägigen Berufsgruppen sozialpädagogische Arbeit leisten. Denn "das Spektrum der im Krankenhaus - Sozialdienst zu erfüllenden Aufgaben ist weit gefasst. Eingeschlossen sind Tätigkeiten der verschiedensten Art, auch solche, die fachabteilungsübergreifend sind. Es ist kein Grund ersichtlich, eine solche Tätigkeit geringer zu bewerten als die unter Anmerkung 12 aufgeführten speziellen Aufgabenbereiche" ( so die Schlichtungsstelle des Caritasverbandes für die Diözese Trier am 22. Dezember 1997). Ähnliches gilt für den gruppenübergreifenden Dienst in Einrichtungen der Altenhilfe. In beiden Fällen kann allenfalls die konkrete Ausgestaltung des Dienstes in Ausnahmefällen dazu führen, Fachdiensttätigkeit zu verneinen, sofern beispielsweise bewegungstherapeutische oder pflegerische Tätigkeitsinhalte überwiegen.

 

Ausnahmen

Nicht alle Tätigkeiten, die ein Sozialpädagoge bei der Caritas wahrnimmt, werden in einem Fachdienst geleistet. Hier sind an erster Stelle die Tätigkeiten im Gruppendienst einer Einrichtung der Erziehungs-, Behinderten- oder Gefährdetenhilfe zu nennen. Diese Tätigkeiten erfüllen das tarifliche Merkmal Fachdienst nicht. Die Begründung ergibt sich daraus, dass den Sozialpädagogen die Tätigkeit der Gruppenleitung zugewiesen ist (siehe z. B. Vergütungsgruppe 4b Tätigkeitsziffer 24). Infolgedessen handelt es sich - tariflich ausgedrückt - bei Tätigkeiten in der Gruppe nicht mehr um ein der sozialpädagogischen Ausbildung entsprechendes Aufgabenfeld, salopp formuliert: Verkaufen sich Sozialpädagogen unter Wert, müssen sie eine geringere Vergütung in Kauf nehmen.

In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, ein Sozialpädagoge im Gruppendienst der Erziehungsgruppe eines Jugendheimes mit verhaltensauffälligen männlichen Jugendlichen und jungen Männern übe keine seinem Berufsbild entsprechende Tätigkeit aus (BAG 5.3.97 - 4 AZR 373/95 - ZTR 97,368). Ebensowenig leiste ein Arbeitserzieher in der Arbeits- und Beschäftigungstherapie Sozialarbeit im tariflichen Sinne (BAG 14.6.95 - 4 AZR 250/94 - ZTR 96,69). Die Schlichtungsstelle im Erzbistum Freiburg hat festgestellt, eine diplomierte Sozialpädagogin im Erziehungsdienst des Wohngruppenbereichs eines Heimes für geistig Behinderte verrichte keine dem Berufsbild entsprechende Tätigkeit (13.2.96 - 1995/5).

 

Erzieher/innen im Fachdienst

Kompliziert gestaltet sich die Frage nach der korrekten Eingruppierung, wenn Erzieher/innen für sich in Anspruch nehmen, als Sozialpädagogen im Fachdienst tätig und nach Abschnitt Ic der Anlage 1 (eine Gruppe niedriger) eingruppiert zu sein. Das BAG hat ausgeführt, die Tätigkeiten von Erziehern und Sozialarbeitern wiesen weitreichende Gemeinsamkeiten auf und überschnitten sich in breiten Tätigkeitsfeldern. Die Tätigkeit des Sozialpädagogen sei stärker konzeptionell geprägt und habe ihren Schwerpunkt darin, durch Veränderung des Menschen, seiner Lebenslage und Lebensqualität Fehlentwicklungen zu bekämpfen. Demgegenüber werde bei der Tätigkeit des Erziehers größeres Gewicht auf ausführende Aufgaben fürsorgerischer und bewahrender Natur gelegt. Die Eingruppierung richte sich nach der Tätigkeit, die der Gesamttätigkeit das Gepräge gebe (BAG 26.7.95 - 4 AZR 318/94 - ZTR 96,25). Es ist also nicht so, dass bei Mischtätigkeit grundsätzlich auf sozialpädagogische Tätigkeit (Fachdienst) abzustellen ist. Vielmehr kommt es darauf an, welche Tätigkeiten im Überschneidungsbereich nach dem Schwerpunkt der beiden Berufsbilder vorrangig dem einen und erst in zweiter Linie dem anderen Beruf zuzuordnen sind. Konkret: Nur der Erzieher, der sozialpädagogische Tätigkeitsinhalte verwirklicht, ist im Fachdienst eingruppiert. Dabei berücksichtigt die Vergütungsordnung, dass er die Aufgaben nicht so optimal erledigt wie der Sozialpädagoge und weist ihm daher eine niedrigere Vergütungsgruppe zu.

Leitung des Fachdienstes

Herausgehoben sind diejenigen, denen die Leitung eines Fachdienstes ausdrücklich übertragen ist (Vergütungsgruppen 4a/3). Unter Leitung ist eine Verbindung von Aufgaben planerischer, organisatorischer, anweisender, koordinierender und kontrollierender Art zu verstehen. Der Dienstgeber selbst muss die Leitung ausdrücklich übertragen haben oder jemand, der befugt ist, die mit der Leitungsübertragung verbundene Änderung des Dienstvertrages vorzunehmen. Behaupten Mitarbeiter/innen, aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse einen Fachdienst zu leiten, ist das Merkmal der ausdrücklichen Aufgabenübertragung nicht erfüllt.

Viele Diözesanverbände haben sich darauf verständigt, die Leitung von Fachdiensten schriftlich zu übertragen. Diese Festlegung bedeutet aber nicht, ohne schriftliche Anweisung gebe es keine Fachdienstleitung. Die nach den AVR erforderliche ausdrückliche Anordnung kann auch mündlich erfolgt sein, sie kann unmittelbar gegenüber dem Leiter erklärt sein, sich in einem Zwischenzeugnis finden oder sie kann sich aus einer Dienstanweisung oder aus einem Geschäfts- oder Organisati-onsplan ergeben.

In der Praxis werden Einzelpersonen selten dazu bestellt, "sich selbst" zu leiten. Im allgemeinen wird wohl weiteres Fachpersonal unterstellt werden (vgl. Niederschrift der AK - Sitzung vom 13.6.91 Seite 17/18). Das ist freilich kein Grund, anzunehmen, das Merkmal Fachdienstleitung könne nur erfüllt sein, wenn weiteres Fachpersonal unterstellt ist. Die Arbeitsvertragsrichtlinien legen an vielen Stellen fest, ab welcher Anzahl unterstellter Kräfte eine bestimmte Eingruppierung oder Höhergruppierung eintritt. Da die AK in Kenntnis dieser tariflichen Wirklichkeit davon abgesehen hat, für die Fachdienstleitung eindeutige Zahlen festzulegen, kann das Fehlen unterstellter Personen nicht dazu führen, das Eingruppierungsmerkmal Leitung des Fachdienstes zu verneinen, sofern die ausdrückliche Übertragung unstrittig ist, (so die Zentrale Schlichtungsstelle beim Deutschen Caritasverband in ihren Entscheidungen vom 31. 3. und 13. 7. 1992).

Umgekehrt ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Dienstgeber trotz faktisch vorliegender Führungsrolle einzelner Sozialpädagogen, die von den übrigen Beschäftigten toleriert oder gar akzeptiert wird, davon absieht, ausdrücklich eine Leitung zu installieren. Eine derartige Handhabung unterstreicht, dass Sozialarbeit heutzutage vielfach teamorientiert geleistet wird. Andrerseits können sich Dienstgeber selbstverständlich dafür entscheiden, erst ab einer gewissen Kopfzahl Fachdienstleitungen vorzusehen. Das ist tarifkonform, weil die AVR hinsichtlich des Fachdienstes keine Hierarchieordnung vorgeben. Alle Versuche der Dienstnehmerseite, eine Fachdiensthierarchie zu verankern, indem für die Leitung eines "großen Fachdienstes" Tätigkeitsmerkmale in Anlage 2d eingefügt werden, sind gescheitert.


Einmalzahlung 2000 auch für geringfügig Beschäftigte

von Wilderich v. Fürstenberg

Als die AK am 13. September 2000 den Tarifabschluss des Öffentlichen Dienstes übernahm, hat sie keine ausdrückliche Regelung darüber getroffen, ob die nach Anlage 18 geringfügig beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Einmalzahlung für die Monate April bis Juli 2000 erhalten.

Gemäß § 3 Abs.(1) der Anlage 18 setzt sich die Vergütung aus der Grundvergütung, dem Ortszuschlag und der Allgemeinen Zulage (Anlage 10) zusammen. § 3 der Anlage 18 verweist nicht auf Abschnitt IIIa der Anlage 1, der die Einmalzahlung regelt. Daher steht den geringfügig Beschäftigten bei wortgetreuer Anwendung der AVR die Einmalzahlung nicht zu.

Der Personenkreis derer, die einen Arbeitsvertrag nach Anlage 18 haben, besteht weit überwiegend aus Frauen. In aller Regel ist der Frauenanteil bei "Anlage -18 -Beschäftigten" größer als der schon traditionell hohe Anteil weiblicher Beschäftigter bei der Caritas. Werden die nach Anlage 18 Beschäftigten von Zahlungen ausgeschlossen, die den übrigen AVR &endash; Beschäftigten gezahlt werden, so liegt darin eine Abweichung von dem Gebot "gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Männer und Frauen".

Für diese tarifliche Abweichung (Minderzahlung) sind keine nachvollziehbaren Gründe erkennbar. Trifft der Verstoß gegen das Gleichheitsgebot im Ergebnis mehr Frauen als Männer, liegt darin eine unzulässige mittelbare Diskriminierung.

Die Diskriminierung wird dadurch beseitigt, dass den nach Anlage 18 Beschäftigten ebenfalls ein Anspruch auf die Einmalzahlung zugestanden wird (siehe Urteil des EuGH vom 9.9.1999 C 281/97 in NZA 99, 1151).

Diesen Hinweis sind wir unseren Lesern schuldig, da zu befürchten ist, dass einige Dienstgeber das Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht beachten werden. Sie berufen sich darauf, Anlage 18 sei in ihrem Wortlaut doch gar nicht verändert worden, die AK habe folglich keinen diskriminierenden Beschluss gefasst. Diese Argumentation verschweigt geflissentlich, dass die von der Dienstnehmerseite beantragte Änderung der Anlage 18 daran scheiterte, dass die Dienstgeberseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission ihre Zustimmung verweigerte.

Die von der AK durch Beschluss vom 13. September 2000 geschaffene Rechtslage ist nahezu identisch mit derjenigen, die dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorlag.

Dort war der erfolgreich klagenden Krankenschwester der Anspruch auf die Einmalzahlung Weihnachtsgeld abgeschnitten, weil geringfügig Beschäftigte vom Geltungsbereich des BAT ausgeschlossen sind. Durch den Ausschuss vom BAT werden sie auch vom Zuwendungstarifvertrag (Anspruch auf Weihnachtsgeld) nicht erfasst. Die AVR erfassen zwar die geringfügig Beschäftigten, schließen sie aber in Anlage 18 von der Einmalzahlung aus.

Die Ausgangslage für die nach AVR geringfügig Beschäftigten ist damit dieselbe wie die Ausgangslage der Krankenschwester in dem BAT &endash; Fall: Keine Einmalzahlung!!

Durch die Unterzeichnung des Dienstvertrages haben die diskriminierten Frauen zwar formal ihr Einverständnis erklärt, nach Anlage 18 bezahlt und von der Einmalzahlung ausgeschlossen zu werden. Dadurch wird die Diskriminierung aber nicht beseitigt. Infolgedessen können auch die rechtlich zu ziehenden Konsequenzen nicht anders sein als oben dargelegt: Die Betroffenen haben einen anteiligen Anspruch auf die Einmalzahlung 2000.

Das mit dem Urteil des EuGH geschaffene europäische Recht verdrängt nicht nur entgegenstehende nationale Tarifnormen wie den BAT, sondern auch die Regelungen, die von der AK unter Berufung auf die kirchliche Selbstverwaltungsgarantie in Anlage 18 geschaffen wurden. Denn der Dritte Weg ist denselben europarechtlichen Begrenzungen unterworfen, wie sie auch bei Tarifverträgen eingreifen können. Da Anlage 18 keine kirchenspezifischen Inhalte regelt, kommt eine Ausnahme nicht in Betracht.

Bei der Einmalzahlung für geringfügig Beschäftigte geht es zwar nur um Beträge zwischen etwa 40 und 100 Mark. Gleichwohl empfehlen wir den Betroffenen dringend, ihre Ansprüche innerhalb der Ausschlussfrist schriftlich geltend zu machen (§ 23 Absatz 1 AVR). Die Ausschlussfrist beginnt mit Veröffentlichung der AK-Beschlüsse im kirchlichen Amtsblatt - etwa Oktober 2000 - und endet sechs Monate später. Weigern sich Dienstgeber, die Einmalzahlung zu gewähren, ist der Weg zu den Schlichtungsstellen und Arbeitsgerichten frei.

Sie helfen mit jedem Verfahren, die Anlage 18 abzuschaffen. Dafür herzlichen Dank.


Beratungspflicht des Dienstgebers bei vorzeitigem Ausscheiden

Über die finanziellen Auswirkungen eines vorzeitigen Abschieds muss der Dienstgeber Sie aufklären. Dabei darf er Sie wegen der genauen Höhe der zu erwartenden Einbußen an die Zusatzversorgungskasse bzw. an das Arbeitsamt verweisen.

Falls Ihr Arbeitsverhältnis z.B. mehr als einen Tag vor Beginn einer gesetzlichen Rente endet, riskieren Sie erhebliche finanzielle Einbußen, wenn Sie statt der Versorgungs- nur die Versicherungsrente bekommen. Das können im Einzelfall durchaus mehrere hundert Mark pro Monat sein. Unterschreiben Sie daher keinen Aufhebungsvertrag, bevor Sie sich nicht bis ins Detail mit allen finanziellen Auswirkungen Ihrer Unterschrift auseinandergesetzt haben. Darauf zu hoffen, dass sich Ihr Dienstgeber durch schlechte Beratung in Höhe Ihres Verlustes schadenersatzpflichtig macht, könnte sich trotz Beratungspflicht als trügerisch erweisen.

(BAG 17.10.2000 -AZR 605/98) wbf