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AK-Info 01/1999

Herausgegeben von der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit der Dienstnehmervertreter in der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes:
W.Becker-Freyseng, Dr.G.R.Clausen, F.-J.Dorenkamp, H.Sudhop, Th.Schwendele, J.Taudte
Vervielfältigung und weitere Verbreitung mit Quellenangabe erlaubt und erwünscht

 

Tagung der Dienstnehmervertreter in Hamburg 12.-14. Januar 1999

 

Hamburg war verschneit. Im St. Ansgar-Haus im Erzbischöflichen Stadtteil St. Georg fröstelten die Dienstnehmervertreter der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes standesgemäß angesichts der sich abzeichnenden Frostperiode auf dem Dritten Weg. Warm anziehen war die Devise. Seit die Caritas-Dienstgeberseite ihr Stück "Wir eiskalten Unternehmer" spielt, ist man ja vor keinem Kälteschock mehr sicher.

Kommt Zeit, kommt Mehrheit. Auf Dienstnehmerseite wurde gerätselt, was die Dienstgeberseite wohl aus der letzten (allzu) langen Tarifrunde gelernt haben könnte. Daß es keinen Sinn hat, "Kompensationen" für einen mehr als bescheidenen Ausgleich von Inflations- und Wertverlust zu fordern? Daß man mehr/weniger Rücksicht auf Einheitlichkeit im kirchlichen Dienst nehmen sollte? Daß man den gesamten Caritasbereich vom verfaßten kirchlichen Dienst abkoppeln sollte?

Keiner weiß es, denn eine Art "Arbeitgeberverband" der Caritas gibt es ja nicht. Und was man so hinter vorgehaltener Hand von einzelnen Dienstgebervertretern hört, läßt eindeutig Einheitlichkeit vermissen. Manche halten es für unerträglich, wenn die "Gehaltsabsenker" die Meinungsführerschaft übernehmen würde. Denn dann hätten alle Caritaseinrichtungen zu leiden, nur weil einige wenige ihr Mißmanagement nicht in den Griff kriegten.

Eindeutig und klar sind dagegen die Erwartung auf der Dienstnehmerseite: Der zu erwartende Vergütungstarifabschluß 1999 des Öffentlichen Dienstes müsse ohne große Diskussion übernommen werden. Sähe sich eine Einrichtung dadurch am Rande ihrer Existenzfähigkeit, habe die AK bereits 1997 Mittel und Wege gewiesen, diese Situation AVR-konform zu meistern. Es bestehe also kein Anlaß, prophylaktisch sämtliche Caritaseinrichtungen durch Gehaltsverdünnung vor einem angeblich drohenden Kollaps zu retten. Also, liebe Dienstgeber, Augen zu und durch!

Dann weiß das Caritasmanagement wenigstens, wieviele Mittel es auftreiben muß. Denn dafür wird es doch bezahlt! Und nicht dafür, den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ein Management, das seinen Zweck darin sieht, die Motivation seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Gehaltsabsenkungen zu fördern, hat den Anschluß an die Zukunftsfähigkeit der Caritas wohl endgültig verpaßt und sollte den Hut nehmen.

Was allerdings die Höhe der zu erwartenden Tariferhöhung im Öffentlichen Dienst betrifft, dämpfte Tobias Schürmann von der DAG die Erwartungen der Versammlung. Die Tarifverhandlungen seien keineswegs einfacher als früher, "nur weil der Kanther jetzt Schily heißt". Eine Vier vor dem Komma bleibt daher wohl ein Traum...

Um die Zukunftsfähigkeit der Caritas ging es schließlich im Meinungsaustausch mit Leuten, die die Caritas von hoher und höchster Warte aus beobachten. Gastgeber Generalvikar Spiza skizzierte die besondere Diaspora-Situation der Erzdiözese. Besonders kompliziert sei die derzeitige Tarifsituation durch den abweichenden Übernahmebeschluß der Regional-KODA Nord-Ost geworden. Man seiaber dabei, nach Wegen zu suchen, diesen Fauxpas wieder gut zu machen, um eine in Kirche und Caritas gespaltene Tariflandschaft in den Nordbistümern zu verhindern. Hamburgs Diözesan-Caritaschef Dr. Willmann und der Soziologe Prof. Dr. Bisler von der Kath. FachhochschuleOsnabrück referierten vor den Dienstnehmern und diskutierten mit ihnen ihre Einschätzung der derzeitigen Situation. Während Willmann in pointierter Form die Entfremdungs- undEntwicklungsgeschichte des "jungen Herrn Caritas" und seine mißtrauisch beäugte attraktive Konkurrenz zu seinem ältlich-verbitterten "Vater Kirche" nachzeichnete und mehr christliches Fundament anstelle eines allgemeinen humanistischen Pragmatismus anmahnte, kam Prof. Bisler in seiner schonungslosen Analyse einer zunehmend entkirchlichten und marktorientierten Gesellschaft zu dem Schluß, daß Caritas ihr spezifisches Proprium in der Positionierung und Verankerung von "Barmherzigkeit" herausarbeiten müsse, wenn sie auf dem Markt der Beliebigkeiten bestehen wolle. Mit kurzfristigen autoritären Eingriffen in die AVR sei die Caritas nicht zukunftsfest zu machen...

1999 dürfte wohl ein spannendes Jahr werden. Die AK tagt im März erstmals "öffentlich" undversucht damit, ihre Arbeit transparent zu machen. Die bevorstehende Auseinandersetzung über den Vergütungstarifabschluß 99 wird zwangsläufig eine Richtungsentscheidung über die Weiterentwicklung des Dritten Weges mit sich bringen. Im Herbst werden die Dienstnehmer der AK neu gewählt. Und zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird wohl nichts mehr so sein, wie es früher einmal war. Tempora mutantur, et nos mutamur in illis, sagt der Lateiner; Panta rhei sagt der Grieche - na ja, auf Deutsch: Es ist halt alles im Fluß ...