Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen
Caritasverbandes
Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission
vom 11. Dezember 1997
I. Öffnungsklausel für Notsituationen
In die Anlage 1 zu den AVR wird folgender neuer Abschnitt XVI eingefügt:
XVI Öffnungsklausel für Notsituationen
(a) Um die Arbeitsplätze der Mitarbeiter in wirtschaftlich schwierigen
Situationen zu erhalten und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden,
soll der Dienstgeber zunächst bestehende organisatorische und arbeitsrechtliche
Möglichkeiten, wie den Abbau von bestehenden Erholungsurlaubsansprüchen
und Überstunden oder die Einführung von Kurzarbeit, prüfen.
(b) Wird eine Einrichtung im Sinne der MAVO trotzdem das Ziel der Kostendeckung
für einen begrenzten Zeitraum nicht erreichen, kann zur Vermeidung
betriebsbedingter Kündigungen eine Dienstvereinbarung mit der Mitarbeitervertretung
oder der Gesamtmitarbeitervertretung abgeschlossen werden, die folgende
Bedingungen einhalten muß, von denen zum Nachteil der Mitarbeiter
nicht abgewichen werden darf.
(c) Durch die Dienstvereinbarung können
aa) entweder die folgenden Vergütungsbestandteile befristet
gestundet werden:
1. ganz oder teilweise das Urlaubsgeld gemäß
6 - 9 der Anlage 14 zu den AVR,
2. ganz oder teilweise die Weihnachtszuwendung gemäß Abschnitt
XIV der Anlage 1 zu den AVR,
3. die Dienstbezüge gemäß Abschnitt II der Anlage
1 zu den AVR bis zu 5 v. H.
bb) oder die Arbeitszeit um bis zu 10 v. H. herabgesetzt und die
Vergütung entsprechend gekürzt werden; die herabgesetzte
Arbeitszeit gilt für die Dauer der Laufzeit der Dienstvereinbarung
als regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des 1 Absatz 1 der
Anlage 5 zu den AVR.
(d) Die Maßnahmen nach Absatz (c) dürfen ausschließlich
dem Ausgleich des Haushalts oder Wirtschaftsplans der Einrichtung dienen.
(e) Der Dienstgeber muß der Mitarbeitervertretung oder der Gesamtmitarbeitervertretung
für die Einrichtung ein schriftliches Sanierungskonzept mit einem
Zeitplan vorlegen, in dem auch der Zeitpunkt genannt wird, zu dem zu
den geltenden Bedingungen der AVR zurückgekehrt wird.
Durch Gutachten eines einvernehmlich bestellten externen Wirtschaftsprüfers
muß eine Analyse und Prognose der Finanz- und Ertragslage der
Einrichtung - unter Berücksichtigung des vorgelegten Sanierungskonzeptes
und Zeitplanes - erstellt werden.
Die Mitarbeitervertretung hat das Recht, gegebenenfalls unter Einschaltung
der Gesamtmitarbeitervertretung, Informationen über die Ertragssituation
des Trägers der Einrichtung zu erhalten.
(f) Von der Dienstvereinbarung sind Mitarbeiter auszunehmen, die
a) das 55. Lebensjahr vollendet haben oder
b) die durch eine Maßnahme nach Absatz (c)
aa) eine geringfügige Beschäftigung im Sinn des
8 SGB IV ausüben würden oder
bb) eine andere unbillige Härte erleiden würden.
(g) Während der Laufzeit der Dienstvereinbarung darf den betroffenen
Mitarbeitern ohne Zustimmung der Mitarbeitervertretung nicht betriebsbedingt
gekündigt werden, es sei denn, die Schließung der Einrichtung
oder wesentlicher Teile ist wider Erwarten nicht zu vermeiden.
Die Schließung der Einrichtung oder wesentlicher Teile ist während
der Laufzeit der Dienstvereinbarung nur möglich, wenn durch Gutachten
eines einvernehmlich bestellten externen Wirtschaftsprüfers bestätigt
wird, daß die Sanierung der Einrichtung (Erreichung des Zieles
der Kostendeckung) nicht möglich ist.
Mitarbeitern, deren Arbeitszeit herabgesetzt worden ist, kann während
der Laufzeit der Dienstvereinbarung nur mit einer Frist von 6 Monaten
ordentlich gekündigt werden, nachdem zu den geltenden Bedingungen
der AVR zurückgekehrt worden ist. Nach Ablauf der Laufzeit der
Dienstvereinbarung kann das Dienstverhältnis frühestens zu
einem Zeitpunkt ordentlich gekündigt werden, zu dem es mindestens
6 Monate zu den geltenden Bedingungen der AVR fortbestanden hat. Mit
Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung werden die gestundeten
Beträge sofort fällig. Auf 37 Absatz 1 Nr.11 und 38 Absatz
1 Nr.11 der Rahmen-MAVO wird hingewiesen.
(h) Der Träger der jeweiligen Einrichtung erhält das Recht,
bei Mitarbeitern, die nicht Mitarbeiter im Sinne des 3 Absatz 1 MAVO
sind, gleichartige Maßnahmen durchzuführen.
(i) Die Laufzeit der Dienstvereinbarung ist festzulegen. Eine Nachwirkung
der Dienstvereinbarung ist auszuschließen.
(j) Eine abzuschließende Dienstvereinbarung soll vom Dienstgeber
dem zuständigen Diözesan-Caritasverband und von der Mitarbeitervertretung
der zuständigen Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen
zur Kenntnisnahme übermittelt werden.
(k) Dies Regelung gilt vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2002.
Dienstvereinbarungen nach dieser Regelung enden spätestens zum
31. Dezember 2002."
II. Mobilzeit
Nach Anlage 5a zu den AVR wird folgende neue Anlage 5b zu den AVR eingefügt:
Anlage 5b
Mobilzeit durch Dienstvereinbarung
Ziele einer Dienstvereinbarung nach dieser Anlage sind die Stärkung
der Arbeitszeitökonomie in den Einrichtungen, die Erhöhung
der Arbeitszeitsouveränität der Mitarbeiter und die Schaffung
bzw. der Erhalt von Arbeitsplätzen.
§ 1 Geltungsdauer
Diese Regelung gilt vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2001.
§ 2 Information
Eine nach dieser Anlage abzuschließende Dienstvereinbarung soll
vom Dienstgeber dem zuständigen Diözesan-Caritasverband und
von der Mitarbeitervertretung der zuständigen Diözesanen Arbeitsgemeinschaft
der Mitarbeitervertretungen zur Kenntnisnahme übermittelt werden.
§ 3 Arbeitszeitkonten
(1) Durch Dienstvereinbarung können für Mitarbeiter Arbeitszeitkonten
geführt werden, in denen Abweichungen der individuellen Arbeitszeit
gegenüber der dienstvertraglich vereinbarten wöchentlichen
Arbeitszeit (Zeitdifferenzen) festgehalten werden.
Solche Zeitdifferenzen entstehen durch ein Überschreiten der dienstvertraglich
vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit als Plusstunden oder durch
ein Unterschreiten der dienstvertraglich vereinbarten wöchentlichen
Arbeitszeit als Minusstunden.
Daneben können Zeitdifferenzen auch durch zusätzlich vom Dienstgeber
angeordnete Plusstunden, durch vom Dienstplan oder der betriebsüblich
festgesetzten Arbeitszeit abweichende Minusstunden und durch Zeitgutschriften
gemäß 4 entstehen. Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienstzeiten
gemäß den 7 bis 9 der Anlage 5 zu den AVR, die durch entsprechende
Freizeit abgegolten werden, können ebenfalls dem Arbeitszeitkonto
gutgeschrieben werden.
(2) Das Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters tritt an die Stelle des Ausgleichszeitraums
gemäß 1 Absatz 1 der Anlage 5 zu den AVR. Arbeitsstunden,
die dem Arbeitszeitkonto als Plusstunden gutgeschrieben werden, sind
keine zeitzuschlagspflichtigen Überstunden.
Bei der Anordnung von Plusstunden ist 1 Absatz 1 Satz 2 bis 4 der Anlage
6 zu den
AVR entsprechend anzuwenden.
(3) Die Dienstvereinbarung muß folgende Rahmenbedingungen einhalten:
1. Festlegung des persönlichen Geltungsbereichs, also der betroffenen
Mitarbeiter(gruppen) bzw. der betroffenen (Arbeits-)Bereiche;
2. Festlegung der Zeitarten, die als Plus- oder Minusstunden Gegenstand
des Arbeitszeitkontos sind (Über- oder Unterschreiten der dienstvertraglich
vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit, zusätzlich vom Dienstgeber
angeordnete Plusstunden, vom Dienstplan oder der betriebsüblichen
Arbeitszeit abweichende Minusstunden, durch entsprechende Freizeit abgegoltene
Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienstzeiten gemäß 7 -
9 der Anlage 5 zu den AVR, Zeitgutschriften gemäß 4);
3. Festlegung der Grenzen für die Plus- und Minusstunden im persönlichen
Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters; diese dürfen jeweils das Dreifache
der dienstvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit des
Mitarbeiters (bei einem Vollzeitbeschäftigten derzeit 115,5 bzw.
120 Stunden) nicht übersteigen; darüber hinausgehende Plusstunden
eines Mitarbeiters sind zeitzuschlagspflichtige Überstunden;
4. Festlegung, daß zusätzlich angeordneten Plusstunden, die
über die dienstplanmäßige bzw. betriebsüblich festgesetzte
Arbeitszeit hinausgehen, nur bis zu einer bestimmten Grenze, höchstens
jedoch 10 Stunden in der Woche, dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters
gutgeschrieben werden können; weitere angeordnete Plusstunden sind
zeitzuschlagspflichtige Überstunden, soweit dadurch unter Berücksichtigung
der individuellen Zumutbarkeit bei ihrer Anordnung die regelmäßige
Arbeitszeit gemäß 1 Absatz 1 der Anlage 5 zu den AVR überschritten
wird;
5. Festlegung, in welchen Zeitblöcken der Zeitausgleich des Mitarbeiters
bei einem Zeitguthaben des Arbeitszeitkontos erfolgt (stundenweise,
halbe, ganze oder mehrere zusammenhängende Tage); dabei sind die
dienstlichen Belange zu berücksichtigen;
bei dienstplanmäßiger oder betriebsüblich festgesetzter
Arbeitszeit setzt der Dienstgeber auf Antrag des Mitarbeiters den Ausgleich
zeitlich fest; dabei hat er die Wünsche des Mitarbeiters zu berücksichtigen,
es sei denn, daß dringende dienstliche Belange diesen entgegenstehen;
6. Festlegung, daß Minusstunden nur insoweit mit Erholungsurlaubstagen
verrechnet werden dürfen, als der Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz
nicht berührt wird;
7. Festlegung, daß bei dienstplanmäßiger oder betriebsüblich
festgesetzter Arbeitszeit eine Ankündigungsfrist für die Anordnung
von zusätzlichen Plusstunden und für den Wegfall von durch
Dienstplan oder betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden zu
beachten ist; diese Frist soll mindestens 24 Stunden betragen;
8. Festlegung, daß mit Beendigung des Dienstverhältnisses,
vor Antritt eines Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz
und vor Antritt eines Sonderurlaubs nach 10 der Anlage 14 zu den AVR
das Arbeitszeitkonto auszugleichen ist; Plusstunden, die nicht in Freizeit
ausgeglichen werden können, sind als zeitzuschlagspflichtige Überstunden
zu vergüten, Minusstunden, die vom Mitarbeiter nicht mehr als Arbeitsleistung
erbracht werden können, sind bei der Vergütung als nicht erbrachte
Arbeitszeit zu berücksichtigen, es sei denn, der Dienstgeber hat
sie ausdrücklich angeordnet;
9. Festlegung, daß bei Abwesenheitszeiten, in denen die Vergütung
fortzuzahlen ist (Erholungsurlaub, Arbeitsunfähigkeit), entweder
die dienstplanmäßig oder betriebsüblich festgesetzte
Arbeitszeit (Ausfallprinzip) oder die durchschnittlich auf einen Arbeitstag
entfallende Arbeitszeit (Durchschnittsprinzip) zu berücksichtigen
ist;
10. Festlegung, ob bei einer Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters
während des Zeitausgleichs Urlaubsgrundsätze Anwendung finden;
11. Festlegung, daß die Arbeitszeit des Mitarbeiters im übrigen
unter Beachtung der Anlage 5 zu den AVR und der gesetzlichen Bestimmungen
zur Arbeitszeit festgesetzt wird, soweit nicht in dieser Anlage davon
abgewichen wird;
12. Festlegung über die Art der Führung und Kontrolle des
Arbeitszeitkontos der Mitarbeiter;
13. Festlegung der Laufzeit der Dienstvereinbarung, längstens bis
zum 31. Dezember 2001; Festlegung, daß die Nachwirkung der Dienstvereinbarung
ausgeschlossen wird.
§ 4 Zeitgutschriften
(1) Durch Dienstvereinbarung können dem Mitarbeiter statt Zeitzuschlägen
gemäß 1 der Anlage 6a zu den AVR auch folgende Zeitgutschriften
gewährt werden:
1. für Arbeit an Sonntagen 15 bis 20 Minuten je Stunde;
2. für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen 21 bis 30 Minuten je Stunde;
3. für Arbeit zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr 10 Minuten je Stunde;
4. für Arbeit an Samstagen in der Zeit von 13.00 Uhr bis 20.00
Uhr 5 Minuten je Stunde.
(2) Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitgutschriften nach Absatz 1 Nr.1,
2 und 4 wird jeweils nur die höchste Zeitgutschrift gewährt."
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